Vatikan ruft zum Kampf gegen Rassismus und Intoleranz auf

Frommer Wunsch für Genf und die Welt

Der Vatikan hat in einer offiziellen Erklärung die anti-israelische Rede des iranischen Präsidenten bei der UN-Rassismuskonferenz in Genf verurteilt. Dieses Forum für "extremistische und beleidigende politische Stellungnahmen gegen irgendeinen Staat" zu nutzen, diene nicht dem Dialog und schüre Konflikte, heißt es in einer am Dienstag vom päpstlichen Pressesaal verbreiteten Erklärung. Zugleich rief der Vatikan zu einem "Geist des Dialogs und der gegenseitigen Offenheit" auf. Zweck der Verhandlungen müsse ein wirksamer Kampf gegen Rassismus und Intoleranz sein.

 (DR)

Bereits am Montagabend hatte Vatikan-Sprecher Federico Lombardi anti-israelische Äußerungen von Mahmud Ahmadinedschad als extremistisch und inakzeptabel zurückgewiesen, im gleichen Zug aber eine Fortsetzung der Konferenz umso dringlicher genannt.

Zudem verwies der Vatikan auf den Appell von Papst Benedikt XVI. an die Teilnehmer der UN-Konferenz. Das gemeinsame Vorgehen gegen Rassismus, Diskriminierung und Intoleranz sei ein "grundlegender Schritt zur Bekräftigung des universalen Werts der Würde des Menschen und seiner Rechte", so der Papst am Sonntag. Dies müsse sich "in einem Horizont des Respekts und der Gerechtigkeit für jede Person und jedes Volk" vollziehen.

Israels Botschafter beim Vatikan: "Kein Öl ins Feuer gießen"
Israels Botschafter beim Heiligen Stuhl hat eine Kommentierung der Haltung des Vatikan bei der UN-Antirassismuskonferenz in Genf vorerst abgelehnt. Er wolle "kein Öl ins Feuer gießen", sagte der Botschafter Mordechay Lewy am Dienstag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Einige Äußerungen von Vertretern des Vatikan, die von den Medien verbreitet worden seien, halte er jedoch für "bedenklich".

Vatikan-Sprecher Federico Lombardi hatte am Montagabend in Radio Vatikan die weitere Teilnahme des Heiligen Stuhls an dem Treffen verteidigt. Gerade im Blick auf die anti-israelischen Aussagen von Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad sei es wichtig, "entschieden den Respekt vor der Personenwürde gegen jeden Rassismus und jede Intoleranz zu verteidigen".

Die Äußerungen Ahmadinedschads nannte Lombardi "extremistisch und inakzeptabel", auch wenn dieser den Holocaust und das Existenzrecht Israels nicht ausdrücklich geleugnet habe. Aus Protest gegen die Rede des iranischen Präsidenten hatten mehrere Staaten die Konferenz verlassen.

Zentralrat verurteilt Rede Ahmadinedschads
Auch der Zentralrat der Juden in Deutschland hat die Rede des Ahmadinedschads verurteilt. "Die Äußerungen des iranischen Präsidenten sind genauso schlimm wie befürchtet, sie sind aber auch keine Überraschung", sagte der Vizepräsident des Zentralrats, Dieter Graumann, am Dienstag im Deutschlandfunk. Seit vielen Jahren rufe der iranische Staatschef dazu auf, Israel zu vernichten. Er leugne den historischen Holocaust und bereite gleichzeitig den nächstmöglichen vor.

Der deutsche Boykott der UN-Konferenz sei deshalb das richtige Signal gewesen, erklärte Graumann. Die Bundesregierung habe eine kluge und mutige Entscheidung getroffen. "Wir können alle gemeinsam ein bisschen stolz sein auf eine solche moralische Fundamentierung deutscher Politik."

Graumann kritisierte zugleich die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und dem Iran. Die Exporte in den Iran hätten im vergangenen Jahr um zehn Prozent zugenommen. "Die Geschäfte blühen, während die Moral verkümmert. Hier stimmt etwas nicht", sagte der Vertreter des Zentralrats.

Regime der "Zionisten"
Ahmadinedschad hatte Israel "barbarische und rassistische Verbrechen" gegen die Palästinenser vorgeworfen. Er nannte Israel nicht beim Namen, sondern sprach von einem Regime der "Zionisten".

Ahmadinedschad sagte, nach dem Zweiten Weltkrieg seien unter "dem Vorwand des Leidens des jüdischen Volkes" die Palästinenser aus ihrem eigenen Land gejagt worden. Der iranische Staatschef wurde mehrfach von Sprechchören unterbrochen, erhielt aber auch demonstrativ Beifall. Ein Störer wurde von Wachmännern abgeführt.

Zur Rede Ahmadinedschads sagte Lombardi: "Natürlich gehen Einlassungen wie jene des iranischen Präsidenten nicht in die richtige Richtung, weil er, auch wenn er den Holocaust oder das Existenzrecht Israels nicht geleugnet hat, extremistische und inakzeptable Ausdrücke gebrachte."

Fast einhellige Verurteilung
Vertreter von EU-Staaten und anderer Länder hatten aus Protest gegen die Rede des iranischen Präsidenten das Plenum der Konferenz verlassen. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon verurteilte die Rede des iranischen Staatschefs. Er bedauere, dass Ahmadinedschad die Antirassismuskonferenz genutzt habe, um anzuklagen und zu spalten, erklärte Ban. Nach seiner Rede versicherte Ahmadinedschad auf einer Pressekonferenz, dass er keinen Krieg gegen Israel anstrebe.

Der umstrittene Auftritt des iranischen Präsidenten ist einer der Gründe für den Boykott der Konferenz durch mehrere Staaten, darunter auch Deutschland. In früheren Äußerungen leugnete er den Holocaust und rief zur Vernichtung des jüdischen Staates auf.

Nach UN-Angaben sagten neun der 192 UN-Mitgliedsländer ihre Teilnahme ab, weil sie antisemitische Ausfälle und eine einseitige Verurteilung Israels befürchten. Neben Deutschland sind dies die USA, Kanada, Australien, Neuseeland, Israel, Italien, die Niederlande und Polen. UN-Generalsekretär Ban kritisierte den Boykott.

In Berlin sagte Vize-Regierungssprecher Thomas Steg, Deutschland sei die erst am Sonntagabend beschlossene Absage nicht leicht gefallen. Man wolle aber keine Kulisse für Hasstiraden oder anti-israelische Ausfälle abgeben. Der Boykott sei auch mit Blick auf die deutsche Geschichte verantwortbar.

Die EU-Kommission kündigte an, als Beobachterin der Konferenz "auf jeglichen inakzeptablen Kommentar angemessen zu reagieren". Die EU werde keine Abschlusserklärung akzeptieren, die antisemitisch sei, Religionen diffamiere oder einzelne Länder oder Religionen angreife.

Ban Ki Moon appellierte an die boykottierenden Länder, ihre Entscheidung zu überdenken. "Sie sollten bei uns sein und mit uns sprechen", sagte Ban bei der Eröffnung der Konferenz. Ein Boykott helfe dem Kampf gegen Intoleranz nicht. "Keine Gesellschaft ist immun gegen den Rassismus, ob groß oder klein, ob reich oder arm", mahnte Ban Ki Moon. Dagegen dankte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu den boykottierenden Staaten.

Israel zieht Botschafter aus der Schweiz ab
Unterdessen rief Israel seinen Botschafter in der Schweiz zu Konsultationen zurück. Damit protestiert das Land gegen ein Treffen des Schweizer Bundespräsidenten Hans-Rudolf Merz mit Ahmadinedschad am Sonntag. Dies sei eine gemeinsame Entscheidung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und Außenminister Avigdor Lieberman, teilte das Außenministerium mit. Israel wollte sich am Abend auf den Gedenktag für die Opfer des Holocaust an diesem Dienstag einstimmen.

Die Genfer Konferenz dauert bis Freitag. Ziel ist es, Fortschritte und Rückschläge im Kampf gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung zu bilanzieren. Die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Navi Pillay, rief zu einem entschlossen Vorgehen auf. Millionen Opfer von Rassismus und Intoleranz schauten auf Genf.