Vatikan pocht auf Sorgfalt bei Priesterausbildung

Die USA im Blick

Der Vatikan fordert die Diözesen und Ordensgemeinschaften in aller Welt zur Sorgfalt bei der Auswahl und Ausbildung von Priesteramtskandidaten auf.

 (DR)

Dazu sollten der Seminarleiter und die Erzieher auch geeignete Psychologen als Berater heranziehen, heißt es in einem Dokument der Bildungskongregation, das am Donnerstag im Vatikan vorstellt wurde. Allerdings könne die geistliche Begleitung in keiner Weise durch Formen oder Mittel psychologischer Analyse ersetzt werden, heißt es in dem 20-seitigen Dokument.

Die seit längerem geplanten Leitlinien richten sich dem Vernehmen nach gegen Entwicklungen vor allem in den USA. Dort war die Auswahl und Beurteilung der künftigen Priester zeitweise von der geistlichen Seminarleitung zunehmend auf Psychologen übergegangen. Demgegenüber unterstreicht das Dokument die Verantwortung der geistlichen Seminarleitung und grenzt die Rolle der Psychologie ab. Allerdings hätten der Regens und seine Mitarbeiter die Pflicht, die Kandidaten sorgfältig unter Einbindung von Experten so zu beurteilen, dass weder die Kirche noch die Kandidaten selbst Schaden nähmen.

Zuständig für Auswahl und Erziehung der künftigen Priester seien der Ortsbischof und der Regens des Seminars, heißt es in den «Leitlinien für die Anwendung der Psychologie bei der Aufnahme und Ausbildung von Priesterkandidaten». Sie müssten darauf achten, dass die theologische und moralische Qualifikation der Kandidaten durch menschliche, psychische und emotionale Ausgeglichenheit gestützt wird. Dazu gehöre auch eine innere Bejahung des Zölibats. Die menschliche Dimension sei gleichsam Fundament der gesamten Priesterausbildung.

Herangezogene Psychologen müssten von einem Menschenbild geleitet sein, das die christliche Vorstellung vom Menschen, der Sexualität, der Priesterberufung und vom Zölibat teile, heißt es weiter. Bei Tests müssten der Schutz und die Persönlichkeitsrechte der Kandidaten gewahrt sein. Falls eine Psychotherapie anzeigt sei, sollte sie in jedem Fall vor der Aufnahme ins Seminar oder die Ausbildungseinrichtung erfolgen, rät der Vatikan.

Wörtlich heißt es: «Das frühzeitige Erkennen eventueller Probleme, die den Berufungsweg behindern könnten - exzessive affektive Abhängigkeit, erhöhte Aggressivität, unzureichende Fähigkeit zur Treue in den übernommenen Aufgaben und zu festen Beziehungen in Offenheit, Vertrauen und brüderlicher Zusammenarbeit und mit Autoritäten sowie eine konfuse und noch nicht eindeutig festgelegte sexuelle Identität - kann nur von großem Vorteil für die Person selbst, für die Ausbildungseinrichtungen und für die Kirche sein.»

Wichtig sei, dass die Kandidaten den Zölibat und die sexuelle Enthaltsamkeit nicht nur als aufgezwungene Pflicht betrachteten, heißt es in den Leitlinien. «Die Keuschheit um des Himmelreiches willen» sei viel mehr als «das bloße Fehlen sexueller Beziehungen». Hierbei könnten sich psychologische Beratungen in einigen Fällen als hilfreich erweisen. Man müsse bedenken, dass der Kandidat den Zölibat nicht als eine so schwere Verpflichtung erlebt, dass sein emotionales und beziehungsmäßiges Gleichgewicht gestört wird.