Vatikan-Mannschaft kickt gegen Wittenberger Elf

Was wäre das Reformationsgedenkjahr ohne Fußball?

Luther vor, noch ein Tor? Die Wittenberger Benefiz-Elf will es wissen: Mit DDR-Trainer-Legende Ede Geyer, knallhartem Systemfußball und Franziskaner-Bier kämpfen sie um den Sieg gegen einen besonderen Gegner.

Autor/in:
Karin Wollschläger
Auch im Vatikan gibt es Fußballbegeisterte (DR)
Auch im Vatikan gibt es Fußballbegeisterte / ( DR )

Ob der Reformator Martin Luther (1483-1546) ein begnadeter Fußballer war, stellt immer noch eine schmerzliche Forschungslücke dar. Als historisch gesichert darf indes gelten, dass er nie leibhaftig mit einem der Päpste seiner Zeit gebolzt hat. Doch die Reformation, die für so Vieles den Anstoß gab, sie blieb auch für den Fußball in gewisser Weise nicht ohne Folgen. So tritt anlässlich des Gedenkjahrs zu 500 Jahre Reformation an diesem Samstag in Lutherstadt Wittenberg eine örtlichen Benefiz-Elf gegen die "Nationalmannschaft" des Vatikan an. Rund 1.000 Besucher werden zu dem Freundschaftsspiel im Arthur-Lambert-Station erwartet.

2015 waren beide Mannschaft erstmals aufeinandergetroffen: Im Stadion Pio XII. am Rande Roms hatte die Vatikan-Auswahl bei brütender Juli-Hitze in der 40. Minute der Luther-Elf ein Tor reingedrückt. Der Ausgleich blieb den Wittenbergern versagt. Doch schon damals wurde die Revanche im Reformationsjahr 2017 vereinbart. Und natürlich will das "Team Luther" diesmal den Sieg. Doch der Gegner ist kein Leichtgewicht, wie der Trainer des Wittenberger Benefiz-Teams, Karl-Heinz Röthel, einräumt: "Der Vatikan ist uns sportlich überlegen, das sind alles so junge Burschen."

Prominente Coaches

Die jungen Kicker der Vatikan-Auswahl rekrutieren sich überwiegend aus Schweizergardisten, Museumswächtern und anderen vatikanischen Angestellten. Da der Kirchenstaat aber weder Mitglied der FIFA noch der UEFA ist, nimmt die Mannschaft in den weiß-gelben Trikots nicht an Qualifikationsspielen zu Welt- und Europameisterschaften teil.

Doch obwohl das Team nur zu Freundschaftsspielen - und auch das nur selten - antritt, hatte es durchaus schon prominente Coaches: Giovanni Trapattoni, einst Bundesliga-Trainer von Bayern München und dem VfB Stuttgart, hatte die Vatikan-Auswahl von 2010 bis 2015 unter seinen Fittichen. "Trap", der bei der Fußball-WM 2002 für Aufsehen sorgte, als er das Spielfeld mit Weihwasser besprengte, hat seit Jahren gute Kontakte in den Vatikan.

Beim Spiel an diesem Samstag jedoch ist der Italiener nicht dabei, und es sind die Wittenberger, die mit Prominenz an der Seitenlinie aufwarten: Neben Röthel hat nämlich auch Eduard Geyer die Lutherstädter Hobbytruppe auf das große Duell vorbereitet. Der 72-Jährige war der letzte Fußball-Nationaltrainer der DDR. "Eduard ist quasi der Trapattoni des Ostens", scherzt Röthel. Wie bei Trapattoni besaßen auch Geyers Interviews und sein Agieren an der Spielfeldrand höchsten Unterhaltungswert.

"Flasche leer"

Beide sind Garanten für markige Sprüche und schonungslose Spielerbeschimpfung. Wo Trapattoni polterte, ein Spieler habe "gespielt wie Flasche leer", zeterte Geyer andernorts, er setze einen bestimmten Kicker nur noch ein "wenn 100 Mann Grippe haben". Der langjährige Coach von Energie Cottbus, der von seinem Fußballtraining sagt, dagegen sei die Bundeswehr Urlaub, übt bei der Wittenberger Benefiz-Elf jedoch Nachsicht.

Schließlich spielen die Polizisten, Rechtsanwälte, Unternehmer und Zahnärzte in erster Linie für einen guten Zweck: So kommt die Hälfte der Einnahmen einem Hospiz sowie einem an Leukämie erkrankten Wittenberger Kind zugute. Aber natürlich, so betont Röthel, geht die Luther-Elf das Freundschaftsspiel "mit System" an. "Wir spielen 4-4-2", erklärt der Trainer, und Fußballkennern dürfte damit alles klar sein. Das Evangelische Gesangbuch führt übrigens unter der Nummer 442 das Lied "Steht auf, ihr lieben Kinderlein".

Heiden, Protestanten und Katholiken

Allerdings besteht die Wittenberger Mannschaft längst nicht nur aus "Evangelen", so Röthel: "Es sind Heiden, Protestanten und Katholiken dabei - wir leben die Ökumene ganz konkret und vorbildhaft." Vorbildlich wollen die Lutherstädter auch als Gastgeber sein, und weil Gastfreundschaft bei Luthers bekanntlich immer auch durch den Magen ging, laden sie die Vatikan-Mannschaft zum Auftakt am Freitagabend erst mal zu einem zünftigen Grillabend ein. Mit Luther-Bier? Nein, sagt Röthel lachend. "Es gibt Franziskaner alkoholfrei!"


Quelle:
KNA