Vatikan: "Haben Wielgus zur Demission aufgefordert"

Papst war nicht informiert

Der Vatikan war nach eigenen Angaben über die Geheimdienstkontakte des zurückgetretenen Warschauer Erzbischofs Stanislaw Wielgus nicht informiert. Wielgus war am Sonntag nach nur zweitägiger Amtszeit zurückgetreten, nachdem er durch Geheimdienst-Unterlagen aus der kommunistischen Ära unter Druck geraten war.

 (DR)

"Als Monsignore Wielgus ernannt wurde, wussten wir nichts über seine Zusammenarbeit mit den Geheimdiensten", sagte der Präfekt der zuständigen Bischofskongregation, Kardinal Giovanni Battista Re, der Tageszeitung "Corriere della Sera" (Montag).

Nach Darstellung des der Zeitung sieht es der Vatikan als Fehler von Wielgus an, die Zusammenarbeit mit dem Geheimdienst (SB) zu lange öffentlich abgestritten zu haben. Ferner habe der Bischof den Heiligen Stuhl während der Prüfung der Kandidaten für den Warschauer Bischofssitz nicht umfassend über seine Vergangenheit in Kenntnis gesetzt.

Nach seiner Amtsübernahme am Freitag sei es Sache von Wielgus gewesen, seine Demission zu erbitten. Man habe ihn aber zu diesem Schritt aufgefordert, schreibt der "Corriere". Im Vatikan sei bekannt, dass Wielgus möglicherweise nicht die Sympathien der polnischen Regierung genieße. Dieser Umstand habe jedoch keinen Einfluss auf die Entscheidung gehabt, zitiert das Blatt eine vatikanische Quelle.

Boniecki: Widerstand war möglich
Der Direktor der katholischen polnischen Wochenzeitung "Tygodnik Powszechny", Adam Boniecki, begrüßte Wielgus' Rücktritt. Der Bischof habe damit seine Verantwortung wahrgenommen, sagte Boniecki im "Corriere". Seine erklärte Bereitschaft zur Kollaboration mit dem Geheimdienst dürfe nicht zu leicht bewertet werden. Eine Mitarbeit sei "allen" angetragen worden, "aber viele wussten Widerstand zu leisten", zitiert das Blatt den Journalisten, der auch jahrelang Chefredakteur der polnischen Ausgabe der Vatikan-Zeitung "Osservatore Romano" war.

Boniecki kritisierte, kirchliche Nachforschungen über die Verbindungen katholischer Geistlicher zum SB seien "zu ängstlich und zu langsam". Dabei würden nach seiner Einschätzung nicht nur weitere Mängel, sondern auch der Mut von Kardinälen wie Stefan Wyszynski, Karol Wojtyla, Franciszek Macharski oder Jozef Glemp klarer hervortreten. Zu den Gläubigen, die am Sonntag in der Warschauer Kathedrale lautstark den Verbleib von Wielgus gefordert hatten, sagte Boniecki, diese seien "von reaktionären Kreisen wie 'Radio Maryja' aufgehetzt".