Vatikan bietet Strukturen für übertrittswillige Anglikaner an

Ein neuer Weg zur Einheit

Eher verhalten hat der Vatikan am Montag die mit Spannung erwartete Apostolische Konstitution über die gruppenweise Aufnahme übertrittswilliger Anglikaner in die katholische Kirche präsentiert. Keine eigene Pressekonferenz, stattdessen eine Reihe von Klarstellungen.

Autor/in:
Johannes Schidelko
 (DR)

Eine Klarstellung: dass der Vorgang nicht auf Initiative des Heiligen Stuhls, sondern auf Gesuchen von anglikanischer Seite zurückgehe. Dass er keine Belastung für den ökumenischen Dialog bedeute, der in voller Harmonie weitergehe und für die katholische Kirche eine Priorität bleibe. Und dass er keineswegs eine Lockerung der katholischen Zölibatspflicht beinhalte.

Mit der am Montag veröffentlichten Konstitution "Anglicanorum coetibus" (Gruppen von Anglikanern) will der Papst übertrittswilligen Anglikanern die Gemeinschaft innerhalb der katholischen Kirche ermöglichen und einen Weg zur Einheit öffnen. Dafür fand der Vatikan die neue Struktur eines Personalordinariats: einer Art Diözese, ähnlich dem Militärordinariat. Hier können bislang anglikanische Christen unter Leitung eines Ordinarius (im Rang eines Bischofs oder eines Priesters) ihre bisherigen Traditionen und ihr geistig-liturgisches Erbe bewahren - in voller Einheit mit der katholischen Kirche.

In 13 Punkten legt die Konstitution den Rahmen für die neue Kirchenstruktur und die Bedingungen für die Mitgliedschaft fest. Die Glaubenskongregation, die die alleinige Zuständigkeit in diesem Bereich hat, kann demnach pro Land eines oder auch mehrere solcher Ordinariate einrichten, in Abstimmung mit der jeweiligen Bischofskonferenz. Der Ordinarius ist in die nationale katholische Bischofskonferenz eingebunden; Geistliche der Ordinariats-Pfarreien und der Territorial-Gemeinden sollen sich gegebenenfalls Amtshilfe leisten. Die Priesterausbildung absolvieren die Kandidaten des Ordinariats gemeinsam mit dem übrigen Seminaristen. Sie belegen aber Zusatzkurse in anglikanischer Tradition.

Die Konstitution bemüht sich um klare Abgrenzungen
Besonders gespannt erwartete man die Aussagen des Dokuments zum Priesteramt - und zum Zölibat. Bisherige anglikanische Geistliche können nach einem Übertritt zu katholischen Priestern geweiht werden, heißt es. Und bestätigt wird die bisherige Praxis, dass auch verheiratete ex-anglikanische Kleriker die katholische Priesterweihe erhalten können - nach Prüfung im Einzelfall. Versperrt bleibt Verheirateten freilich die Bischofsweihe. Somit können bisherige anglikanische Bischöfe zwar Leiter eines neuen Personalordinariats werden - aber nur im Rang eines Priesters. Für künftige Priesteramtskandidaten gilt dann generell die Zölibatspflicht.

Die Konstitution bemüht sich um klare Abgrenzungen. Mitglied eines Personalordinariats können nur bisherige Anglikaner werden - mit einer schriftlichen Erklärung. Wer katholisch getauft wurde, kann nicht einer anglikanisch-katholischen Gemeinde beitreten - etwa in der Hoffnung auf Zölibatserleichterungen. Und für frühere katholische Geistliche, die Anglikaner wurden und nun wieder zurückkehren wollen, bleibt das geistliche Amt versperrt.

Verhaltene Reaktionen
Auf den ersten Blick erinnert die neue Regelung an Elemente der katholischen Ostkirchen. Im Vatikan wehrt man sich jedoch entschieden gegen eine solche Analogie. Es handele sich nicht um eine eigenständige katholische Kirche des anglikanischen Ritus, sondern um eine Struktur innerhalb der römisch-katholischen Kirche, eine Art Diözese mit besonderen Kompetenzen für einen bestimmten Personenkreis. Der Eindruck eines Uniatismus, wie er die Beziehungen zur Orthodoxie belastet, soll ebenso vermieden werden wie der Vorwurf der Proselytenmacherei, eines unökumenischen Abwerbens bei anderen Kirchen.

Die Reaktion auf Seiten der anglikanischen Gemeinschaft und in der Ökumene insgesamt war bislang eher verhalten. Neben Verständnis für die römische Lösung zeichneten sich auch Vorbehalte ab. Das Thema dürfte deshalb ganz oben auf der Gesprächsliste stehen, wenn der anglikanische Ehrenprimas Rowan Williams am 21. November zu Besuch in den Vatikan kommt.