USA-Experte Patrick Keller zur Präsidentschaft Barack Obamas

Anlass zu Optimismus

Die USA als mächtigste Nation der Welt und Demokratie-Anker - dieses Bild hat in den Vergangenen Jahren immer mehr an Schärfe verloren. Nun ist Barack Obama neuer Präsident. Die Hoffnungen an ihn sind gewaltig, in den Vereinigten Staaten und dem Rest der Welt. Zu Recht? USA-Experte Patrick Keller hofft mit, warnt im domradio aber vor zu großen Erwartungen.

 (DR)

dormadio: Fangen wir im eigenen Land an: Kann man alleine durch einen Wechsel im Weißen Haus automatisch von einer Verbesserung der transatlantischen Beziehungen ausgehen?
Keller: Insofern schon, als dass dieser Wechsel eine große symbolische Bedeutung hat. Wenn wir auf den Tiefpunkt des transatlantischen Verhältnisses 2003 zurückschauen, müssen wir feststellen, dass sowohl in den USA nicht mehr die Leute an der Macht sind, die die Extreme verkörpert haben. Diejenigen, die gesagt, Amerika könne alles alleine, Amerika brauche militärisch keine Verbündeten. Aber auch auf der europäischen Seite sind die Extreme diskreditiert. Hier sind in Frankreich und Deutschland nicht mehr die Leute an der Macht, die hier gesagt haben, wir müssen eine Gegenmacht zu Amerika bilden. Jetzt ist der Ton auf beiden Seiten kooperativer und das gibt Anlass zu Optimismus.

dormadio: Obama hatte in seiner Berliner Rede im August angekündigt, Europa und Deutschland mehr als "Partner" zu betrachten. Inwiefern könnten wir davon profitieren?
Keller: Wir können davon sicherlich profitieren. Wir werden ein weißes Haus haben, das viel offener und gesprächsbereiter ist, als es die Regierung Bush - zumindest in der ersten Amtszeit - war. Zugleich muss man sehen, dass es Kontinuitätslinien zwischen der alten und der neuen amerikanischen Regierung gibt. Die hat Barack Obama auch in seiner Antrittsrede betont. Er hat auch vom Krieg gesprochen, in dem sich sein Land befindet. Vom Krieg gegen Netzwerke, die Amerika zerstören wollen. Von Terror hat er nicht gesprochen! Aber er hat ihn gemeint. Und er hat auch dort klare Kampfansagen gefunden, er hat gesagt: We will defeat you. Das sind Ansagen, bei denen wir auf europäischer Seite sehen: Wenn wir ins Gespräch kommen wollen, wenn wir mitbestimmen wollen, dann müssen wir an diesen Punkten auch in der Lage sein beizutragen.

dormadio: Was heißt das konkret - wenn wir an Afghanistan oder den Krieg im Nahen Osten denken?
Keller: Barack Obama war, was Afghanistan betrifft, schon während seines Wahlkampfs sehr konkret. Er hat gegenüber den Europäern artikuliert, dass er sich mehr Truppen wünscht, und dass politische Begrenzungen wie zum Beispiel bei den Einsatzorten aufgegeben werden - auch von der Bundeswehr. Beides jedoch wird - im Hinblick auf die deutsche Bundesregierung - nicht zu erwarten sein. Es wird also interessant sein, zu sehen, welche diplomatischen Finessen da gefunden werden, damit wir auch andere Art und Weise stärker ins Geschäft kommen.

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