US-Wahlkampf spaltet die Katholiken

Biden oder Trump?

Die bevorstehende Präsidentenwahl in den USA wirft viel Wirbel auf. Für Katholiken stellt sich die Frage, ob sie Biden oder Trump wollen. Der Journalist und USA-Kenner Klaus Prömpers zeigt, vor welcher Zerreißprobe Katholiken stehen.

Joe Biden (l.) und Donald Trump / © Alex Brandon/Andrew Harnik (dpa)
Joe Biden (l.) und Donald Trump / © Alex Brandon/Andrew Harnik ( dpa )

DOMRADIO.DE: Aktuell spart Trump bei Wahlkampfreden das Thema Abtreibung aus. Wieso?

Klaus Prömpers (DR)
Klaus Prömpers / ( DR )

Klaus Prömpers (Journalist und USA-Kenner): Er weiß, dass er da ein kompliziertes Thema vor sich hat. Bei weitem nicht alle Christen, die ihn gewählt haben, sind der Meinung, dass Abtreibung total abzulehnen ist. Vielmehr sehen sie durchaus Unterschiede, beispielsweise bei Vergewaltigung und bei anderen Dingen wie Föten, die möglicherweise Missbildungen aufweisen. 

Deswegen spart er das Thema aus und überlegt wohl bei einem Wahlerfolg und einer Mehrheit in beiden Häusern, eine landesweite Frist von 15 bis 16 Wochen einzuführen, in denen die Abtreibung frei sein könnte. So hört man es aus den USA.

Klaus Prömpers

"Das wird nicht zum Wohle aller Christen sein."

Das wird nicht zum Wohle aller Christen sein. Denn manche Christen, insbesondere katholische Bischöfe, legen größten Wert darauf, dass schon das kleinste bisschen Leben im Mutterleib geschützt werden muss.

DOMRADIO.DE: Was ist denn in diesem Zusammenhang mit dem amtierenden Präsidenten und Kandidat der Demokraten, dem Katholiken Joe Biden, der sich auf die Seite des Selbstbestimmungsrechts für die Frauen stellt?

Joe Biden / © Susan Walsh (dpa)
Joe Biden / © Susan Walsh ( dpa )

Prömpers: Da auch er weiß, dass es ein wichtiges Thema gerade für Frauen ist und er dafür eintritt, dass Frauen ihr Selbstbestimmungsrecht behalten sollen, schickt er im Moment Camilla Harris, seine Vizepräsidentin, quer durchs Land.

Mit ihr wird er auch wieder in die Wahlen gehen, um dafür zu werben und aufmerksam zu machen, dass er gemeinsam mit ihr und der Demokratischen Partei dafür ist, ein Abtreibungsrecht zurückzugewinnen, was bundesweit gilt und den Frauen mehr Wahlmöglichkeiten gibt. 

Das tut er in dem Bewusstsein, dass das für Frauen eine große Frage ist. Er eckt damit wiederum selber bei vielen Bischöfen an. Es gab ja vor zwei Jahren den Versuch, ihn zu exkommunizieren. Das wurde nur dadurch verhindert, dass Papst Franziskus Einspruch einlegte.

Klaus Prömpers

"Der Mehrzahl der Bischöfe ist es lieb, wenn Donald Trump gewählt werden würde."

DOMRADIO.DE: Gibt es einen Unterschied zwischen den Bischöfen und dem Kirchenvolk bezüglich der Frage, wie man zur Abtreibung und somit vielleicht auch zu den Kandidaten für die Präsidentenwahl steht?

Prömpers: Es gibt insgesamt über 260 Bischöfe in den USA. Der Mehrzahl der Bischöfe ist es im Grunde lieb, wenn Donald Trump gewählt werden würde. Sie konnten sich aber auf ihrem Herbstplenum nicht zu einer entscheidenden neuen Formulierung durchringen. 

Donald Trump spricht während einer Wahlkampfveranstaltung / © Matt Rourke/AP (dpa)
Donald Trump spricht während einer Wahlkampfveranstaltung / © Matt Rourke/AP ( dpa )

Sie haben das, was Sie 2007 schon einmal vor Wahlen gesagt haben, noch mal wiederholt und etwas pointierter gesagt. Für sie ist die Gewissensbildung für gläubige Staatsbürger, wie Sie das genannt haben, für die Bedrohung des Lebens ab dem Mutterleib am wichtigsten. Daneben nennen sie dann auch Klimawandel, Waffenmissbrauch, Waffengewalt, Rassismus und eine bessere Gesundheitspolitik. 

Aber das sind alles Dinge, die für sie nicht so wichtig sind wie die Frage der Abtreibung.

Nimmt man Umfragen hinzu, sieht man allerdings, dass viele Christen das differenzierter sehen. Sie stehen keineswegs in einer überwältigenden Mehrheit von mehr als 50 oder gar 60 Prozent wie in der Bischofskonferenz hinter dieser Formulierung "Null Abtreibung". Sie sehen das differenzierter und wollen den Frauen weiterhin mehr Wahlmöglichkeiten einräumen.

DOMRADIO.DE: Würden Sie sagen, dass dieses Thema für die Christen in den USA ein bestimmender Faktor für deren Wahlentscheidung ist?

Prömpers: Zumindest für einen Teil ist es sicherlich ein entscheidender Faktor. Deswegen wird ein Teil der Katholiken wieder für Trump stimmen. Bei den vorletzten Wahlen waren es 42 Prozent, bei den letzten etwa 48 Prozent der Katholiken.

Aber viele andere werden auch gegen ihn stimmen, weil sie das nicht so sehen. Ein Teil wird wahrscheinlich auch gegen ihn stimmen, weil sie finden, dass er doch nicht der richtige Mann im Weißen Haus ist, da er so viele Gerichtsverfahren am Hals hat, selbst wenn er noch nicht verurteilt ist

DOMRADIO.DE: Trump hat unlängst für Aufsehen gesorgt, als er Juden, die den Demokraten folgen und die Israel wegen des aktuellen Vorgehens im Gazastreifen kritisieren als Hasser ihrer eigenen Religion bezeichnete. Stößt er damit die Menschen vor den Kopf?

Klaus Prömpers

"Da Trump aber so viel redet pro Tag, ist das wahrscheinlich nicht spielentscheidend."

Prömpers: Auf jeden Fall stößt er zumindest die Hälfte vor den Kopf. Bei den jüdischen Gläubigen in den USA ist es ähnlich wie bei den Christen auf protestantischer oder katholischer Seite: auch sie sind gespalten. Die einen stehen unabdingbar hinter Netanjahu und seinem Kurs gegen die Hamas. Die anderen aber sagen angesichts dessen, was im Gazastreifen passiert, müsse der totalen Kriegsmaschine Netanjahus Einhalt geboten werden und es müsse dringendst humanitäre Hilfe her. 

Dass Trump gesagt hat "Wer Demokraten wählt, hasst seine eigene Religion unter den Juden", ist auf großen Widerspruch gestoßen. Das entspricht aber auch Äußerungen, die es aus katholischer Seite immer wieder gibt: "Wer Demokraten wählt, der kommt in die Hölle." Das sind alles Einzelmeinungen. 

Trump hat dann auch wieder versucht zurückzurudern. Da er aber sehr viel am Tag redet, ist das wahrscheinlich nicht spielentscheidend. Denn Juden sind wie Katholiken, Protestanten, Baptisten oder Sonstige gespalten, wenn es um die kommende Präsidentschaftswahl am 5. November geht.

Das Interview führte Uta Vorbrodt.

Die katholische Kirche in den USA

Die römisch-katholische Kirche ist die größte Glaubensgemeinschaft der USA, denn die Protestanten teilen sich in verschiedene Konfessionen. Ein knappes Viertel der US-Amerikaner ist katholisch, die meisten Katholiken leben im Nordosten und im Südwesten. Genaue Zahlen sind schwierig, weil in den USA der Wechsel einer Konfession sehr häufig vorkommt.

Die katholische Kirche in den USA / © rawf8 (shutterstock)
Die katholische Kirche in den USA / © rawf8 ( shutterstock )
Quelle:
DR