Urteil zum Gebrauch des Wortes in katholischen Medien ausgesetzt

"Allah" spaltet Malaysia

Malaysia streitet weiter um den Gebrauch des Wortes "Allah". Seit in der vergangenen Woche ein Gericht in Kuala Lumpur der katholischen Kirche erlaubte, in ihrer Zeitschrift "Herald" in der Landessprache Bahasa Malaysia "Gott" mit "Allah" zu übersetzen, schlagen die Wogen hoch. Die Regierung legte Berufung ein. Solange bleibt das Urteil ausgesetzt und "Allah" für das katholische Medium wieder verboten.

Autor/in:
Michael Lenz
 (DR)

Dem liberalen Teil der Malaysier ist das Urteil ein Sieg der Gerechtigkeit; von Verrat an den ethnischen Malaien, am Glauben, an der Nation sprechen die einflussreichen konservativen islamischen Kräfte.

In Blogs und sozialen Netzwerken wie «Facebook» schüren konservativ-islamische Politiker, Kleriker und islamische Akademiker den Streit. Sie unterstellen der Kirche, durch den Gebrauch des Wortes «Allah» Muslime missionieren zu wollen. Dabei räumen selbst Hardliner ein, dass «Allah» als allgemeines arabisches Wort für «Gott» älter sei als der Islam, der somit kein Copyright darauf habe.

Alle sind gleich, aber Malaien und der Islam sind gleicher
Letztlich geht es in dem Streit nicht allein um Religion, sondern auch um die Bewahrung der politischen und gesellschaftlichen Dominanz der muslimischen Malaien über die chinesisch- und indischstämmigen Malaysier. Das macht etwa ein Eintrag des prominenten Bloggers Shamsul Yunos deutlich, in dem er Christen und Angehörigen anderer Religionsgemeinschaft droht: «Ihr könnt (das Wort) in Indonesien und im Nahen Osten benutzen (...), aber wenn ihr euren malaysischen Pass mögt, dann habt ihr zu akzeptieren, dass das einen potenziellen Bruch der Abmachung darstellt.»

Die ungeschriebene Abmachung bei der Unabhängigkeit Malaysias vor mehr als 50 Jahren über das Zusammenleben der Ethnien und Religionen - eine ungeliebte Hinterlassenschaft der britischen Kolonialzeit - lautet: Alle sind gleich, aber Malaien und der Islam sind gleicher. Wer diese «Balance» infragestellt, läuft Gefahr, von der Regierung und der Regierungspartei Umno als Gefahr für «die innere Sicherheit» gebrandmarkt zu werden und im Gefängnis zu landen.
Geldstrom aus Saudi-Arabien
«Religion wird von der Umno als politisches Vehikel benutzt, um ihre Macht über die konservativen muslimischen Malaien als ihre Wählerbasis nicht zu verlieren», sagt Thomas Knirsch von der Konrad-Adenauer-Stiftung in Malaysia. Doch diese Macht steht seit den Parlamentswahlen im März 2007 in Frage. Umno musste einen massiven Stimmeneinbruch hinnehmen. Unterstützung erfahren die konservativ-islamischen Kräfte Malaysias aus Saudi-Arabien. «Die Saudis investieren massiv in Moscheen und islamische Organisationen, um in Malaysia den Wahhabismus zu verbreiten», sagt Knirsch.

Der «Allah»-Streit legt die Brüche in der malaysischen Gesellschaft und Politik offen. Vorsichtige Reformer innerhalb der Umno sitzen scheinbar gegenüber den Hardlinern am kürzeren Hebel. Und auch die Opposition ist sich wohl nicht einig. Zwar erklärt Nik Aziz, spiritueller Führer der islamischen Partei PAS, die der Oppositionskoalition angehört, Christen könnten problemlos das Wort «Allah» für Gott benutzen. Es sind aber Zweifel angebracht, ob er damit die Stimmung an der Basis wiedergibt.
Klage wird wohl abgewiesen
Dass die «Allah»-Frage sogar Familien spaltet, zeigen die Mahathirs. «Idioten» nennt die prominente Menschenrechtsaktivistin Marina Mahathir in ihrem Blog kurzerhand alle, die das Wort exklusiv für Muslime in Malaysia beanspruchen - und meint damit auch ihren Vater, den früheren Ministerpräsidenten Mohamed Mahathir.

Einen Termin für das Berufungsverfahren im «Allah»-Fall gibt es derzeit noch nicht. Aber der Ausgang scheint klar. Das Berufungsgericht sei mit Hardlinern besetzt, sagt ein Mitglied der Anwaltskammer Malaysias, das anonym bleiben möchte, der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). «Sie können mich zynisch nennen - aber in Anbetracht der aufgeheizten Stimmungslage sind die Aussichten des 'Herald' nicht gut.»