Unterfränkische Holzbildhauerin schnitzt aus ungewöhnlichem Material

Engel aus Grabkreuzen

Barbara Brenneis schnitzt ganz besondere Engel. Denn das Holz, aus dem ihre Werke entstehen, hat eine eigentlich traurige Vorgeschichte. Brenneis arbeitet mit hölzernen Grabkreuzen, die entfernt werden, wenn der Verstorbene einen richtigen Grabstein bekommt. So gibt die Holzbildhauerin aus dem unterfränkischen Kleinostheim dem Material eine neue Verwendung.

Autor/in:
Ralph Bauer
 (DR)

Viele Menschen nähmen das Grabkreuz einfach mit nach Hause und legten es in den Keller, erzählt Brenneis. "Da bleibt es dann, denn sie haben Scheu, es wegzuwerfen", sagt die Holzbildhauerin. Ganz ähnlich ist auch Brenneis auf ihr ungewöhnliches Material gekommen: Als sie 2006 ihre Werkstatt in einer ehemaligen Schreinerei bezog, lagen dort Dutzende ausrangierter Grabkreuze in den Ecken. Denn der Schreiner war auch Totengräber in dem Ort nahe der hessischen Grenze. Brenneis dachte nach, was sie mit den Kreuzen machen könne - "und da waren die Engel sehr naheliegend", sagt sie.



Auch ganz praktisch hätten die Kreuze eine positive Seite: "Der Vorteil dabei ist, dass die aus Eiche sind und das ist ein sehr schönes Holz", erzählt die 46-Jährige während sie an einem alten Kreuz mit der Stichsäge Flügel modelliert. Der besondere Reiz bei der Arbeit sei aber die Vorgeschichte des Materials. Derartiges schätzt die Holzbildhauerin ganz allgemein und so sammelt sie auch Material aus abgebrochenen Fachwerkhäusern oder schöne Wurzeln aus dem Wald.



Anfangs wurden es Bardamen

Bei ersten Experimenten mit den gut 1,8 Zentimeter dicken und bis zu zwölf Zentimeter breiten Holzkreuzen formte Brenneis daraus Bardamen mit Mieder und tiefem Dekollete. Aus "vakanten Kreuzen", wie sie schmunzelnd erzählt, weshalb die Stücke auch noch die Wand ihrer Werkstatt zieren. "Schließlich wäre es ja langweilig, wenn nur die Braven in den Himmel kommen." Inzwischen hat sie grob geschätzt 50 bis 60 "richtige Engel" in Handarbeit geschnitzt und diese haben oftmals bei den Hinterbliebenen einen Ehrenplatz in der Wohnung bekommen.



Die Engel entstehen als Halbreliefs. Dabei sei ihr Individualität wichtig, betont Brenneis und so versucht sie, möglichst viel über die Verstorbenen zu erfahren. Dann bekommen die weiblichen oder männlichen Engel deren individuelle Merkmale wie Haar- oder Augenfarbe. Und aus der Oma, die gerne im Garten arbeitete wird etwa ein Blumenkind. Alle verbindet allerdings das spezielle Markenzeichen der Holzbildhauerin: ein rotes Herz auf der Brust.



Im Schnitt arbeitet Brenneis drei Tage an einer Figur. Besonders schwierig sei es, den Engel auch plastisch wirken zu lassen, denn das dünne Holz erlaube nur sehr flaches Arbeiten. Dabei helfen dann schwarze Linien und Konturen, denn die Künstlerin bemalt ihre Werke auch selbst. Abgesehen von den Flügeln, die mit der Stichsäge herausgearbeitet werden, ist dabei alles reine Handarbeit.



Das ungewöhnliche Angebot hat sich inzwischen bei zahlreichen Bestattern herumgesprochen und Brenneis kann sich über mangelnde Aufträge nicht beschweren, wie sie erzählt. Selbst aus Frankfurt kämen Kunden, wie kürzlich eine Frau, die zu ihrer verstorbenen Mutter ein besonders inniges Verhältnis hatte. Als sie das Relief abgeholt habe, habe sie gesagt: "Schön, dass sie jetzt ein Engel ist". Und so formt die Kleinostheimer Engelsschnitzerin aus Grabkreuzen nicht nur bunte Himmelswesen, sondern leistet auch einen Beitrag zur Trauerarbeit: "So leben die Lieben immer noch mit ihnen. Das ist eine andere Geschichte als wenn man sich ein Foto an die Wand hängt."



Kontakt zu Barbara Brenneis: 0173-3248103