Union und Gewerkschaften protestieren - "Geringverdiener trifft es am härtesten"

Mehr Kindergeld schon 2009?

Die Bundesregierung hat Berichten widersprochen, wonach eine mögliche Kindergelderhöhung nach jüngsten Koalitionsabsprachen erst 2010 in Kraft treten könne. Eine Erhöhung sei auch "2009 schon möglich", sagte der stellvertretende Regierungssprecher Thomas Steg am Montag in Berlin. Voraussetzung sei aber, dass der von Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) im Herbst 2008 vorzulegende Existenzminimumsbericht hier einen Bedarf aufzeige.

 (DR)

Steg betonte, es sei in der Koalitionsrunde lediglich festgelegt worden, dass der Existenzminimumsbericht nicht schon in diesem Jahr, sondern erst zum regulären Termin im nächsten Jahr vorgelegt werde. Der letzte Bericht sei im Herbst 2006 erschienen.

Kommission gegen Kinderarmut
SPD-Generalsekretär Hubertus Heil wies darauf hin, dass die Erhöhung des Kindergelds nicht die einzige Möglichkeit sei, Kinderarmut einzudämmen. Eine "Verengung auf diese Debatte" sei falsch, betonte Heil. Eltern bräuchten "gute Arbeit", Kinder aus armen Familien mehr Gesundheitsvorsorge und kostenloses Mittagessen an Schulen. Eine Kommission gegen Kinderarmut solle bis Januar Vorschläge erarbeiten.

Am Wochenende war zunächst bekannt geworden, dass nach einem Beschluss des Koalitionsausschusses, eine Kindergelderhöhung frühestens 2010 in Betracht komme. Vor allem von CSU und Gewerkschaften kamen Proteste. Der CSU-Familienpolitiker Singhammer verwies auf die Tatsache, dass immer weniger Kinder geboren werden und daher beim Kindergeld jährlich etwa 700 Millionen Euro eingespart würden. "Dieser Betrag sollte kinderreichen Familien zugute kommen", sagte Singhammer.

Auch der Familien- und Integrationsminister in Nordrhein-Westfalen, Armin Laschet (CDU), hatte die Verschiebung der Kindergelderhöhung bedauert. "Bessere Leistungen für Kinder und Familien zu verschieben, ist nie eine gute Lösung. Je schneller wir Familien stärken, desto besser", sagte Laschet.

Zum Plan der CDU-Parteiführung, das Betreuungsgeld für Eltern, die ihre Kinder zuhause betreuen, ins neue Grundsatzprogramm aufzunehmen, sagte der NRW-Minister, dass er dafür keinen Grund sehe. Er halte es für richtig, die Familienarbeit, die Eltern zu Hause leisten, stärker anzuerkennen. "Dies kann aber besser über eine höhere Anrechnung bei der Rente gewährleistet werden", sagte er dem Blatt. "Wir dürfen nicht dahin kommen, dass manche Eltern wegen des bloßen finanziellen Vorteils auf Betreuungsangebote für ihre Kinder verzichten."

Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) wendet sich entschieden gegen eine Verschiebung der Kindergelderhöhung. Dies sei "das falsche Signal für eine Gesellschaft, die das Zusammenleben mit Kindern fördern will", sagte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach. Die Verschiebung "trifft gerade angesichts der hohen Inflationsrate  die Geringverdiener am härtesten", sagte sie. Kinder dürften "auch für Familien mit geringem Einkommen nicht zum Armutsrisiko werden". Die wenig transparente Art und Weise, wie der Koalitionsbeschluss zur Verschiebung der Kindergelderhöhung an die Öffentlichkeit gekommen sei, zeuge "nicht gerade von Wertschätzung für Familien mit Kindern".

Haushaltssanierung geht vor
Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) hat den Vorrang der Haushaltssanierung vor einer Anhebung des Kindergeldes unterstrichen. "Das Kindergeld kann dann erhöht werden, wenn der Haushalt es zulässt", sagte Oettinger am Montag vor einer Sitzung des CDU-Präsidiums in Berlin. Erst müsse es 2008 und 2009 weitere Schritte hin zur Nullverschuldung des Bundes geben. Dann seien Erhöhungen von Kindergeld und Bafög machbar.

Zuerst die Bedürftigen
Bundesverbraucherschutzminister Horst Seehofer (CSU) spricht sich vor dem Hintergrund der geplanten Verschiebung der Kindergelderhöhung für ein Zwei-Stufen-Modell aus. Wenn nicht gleich Geld für alle da sei, könne er sich vorstellen, dass man bei den Familien beginne, "die beim Einkommen besonders bedürftig sind", sagte Seehofer am Montag im Deutschlandfunk. Zuerst müssten die Familien unterstützt werden, die zum Beispiel wegen Arbeitslosigkeit in besonderen Schwierigkeiten seien.