Uni Münster eröffnet Zentrum für Textedition & Kommentierung

Investition in die Zukunft

"Am Anfang war das Wort". Die Prorektorin der Universität Münster, Marianne Ravenstein, zitiert den berühmten Anfang des Johannes-Evangeliums, um zu verdeutlichen:

Autor/in:
Gerd Felder
 (DR)

Texte haben eine existenzielle Bedeutung für fast jede Wissenschaftsdisziplin.  Um Texte, ihre Erforschung, Aufarbeitung und Herausgabe geht es im neuen Zentrum für Textedition und Kommentierung, das jetzt an der Universität Münster eröffnet wurde. Als profilbildendes Element habe dieses Zentrum große Bedeutung für die traditionsreiche Universität, unterstreicht Ravenstein.

Stark beteiligt sind am ZETEK - neben Philosophen, Philologen und Historikern - vor allem die Theologen. Für den Dekan der Katholisch-Theologischen Fakultät, Alfons Fürst, ist das Ziel des neuen Zentrums, "die vielfältige Arbeit an Editionen, Kommentaren und Übersetzungen zu vernetzen, ins Gespräch zu bringen und sichtbar zu machen". Eine solche Einrichtung sei auch der richtige Weg, Forschung und Lehre wieder enger miteinander zu verzahnen. Der Dekan des Fachbereichs Geschichte/Philosophie, Martin Kintzinger, bestätigt: "Die Theologen bieten uns Raum und sind einer der wesentlichen Träger von ZETEK."

Die Grundlagenforschung an den Quellen der Kultur sei leider inzwischen etwas in den Schatten getreten, bedauert der Historiker. "Aber sie muss passieren, denn wir können sonst nicht arbeiten." Alle beteiligten Fächer wollten mit dem neuen Zentrum ihr Potenzial vorführen und nachweisen, dass sie schon sehr viel tun. "Junge Leute können das genauso wie arrivierte Kollegen. Das ist eine Investition in die Zukunft, und jeder ist eingeladen, sich uns anzuschließen", so Kintzinger

"Von Hammurabi bis Habermas"
Keine Deutung der Gegenwart ist ohne genaue Kenntnis der schriftlichen und visuellen Überlieferung möglich. Das weiß auch der Philosoph Ludwig Siep, der Initiator des Zentrums. Kritische Editionen seien zwar ein langwieriger und mühsamer Prozess, aber solche Grundlagenarbeit müsse auch der breiten Öffentlichkeit bekanntgemacht werden. Und die Mittelalter-Historikerin Eva Schlotheuber ergänzt: "Wir möchten ein Forum für Diskussionen erschließen und die Beantragung von Projekten erleichtern." Gedacht sei unter anderem an Workshops, öffentliche Veranstaltungen und gemeinsame Vorlesungen.

Wie vielfältig die Forschungsvorhaben sind, die unter dem Dach des ZETEK zusammengeführt werden, davon kann Kirchenhistoriker Fürst überzeugen. 30 Forschungsprojekte aus drei Jahrtausenden "von Hammurabi bis Habermas" führt er an, davon eine ganze Reihe aus der Theologie. Ob es um eine Neuausgabe des jüdischen Historikers Flavius Josephus, eine Handausgabe des Neuen Testaments, einen Kommentar zum Alten Testament, die Werke des Kirchenvaters Origenes von Alexandrien aus dem 2. Jahrhundert in deutscher Übersetzung oder die Urteile der Inquisition und die Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis, des späteren Papstes Pius XII., geht: Von der Textarbeit der evangelischen und katholischen Theologen unter dem Dach von ZETEK darf man in den nächsten Jahren viel erwarten.