UNESCO erkennt Dresden Welterbetitel ab - Wattenmeer wird aufgenommen

Watt statt Elbe

Jetzt ist es amtlich: Das Dresdner Elbtal hat seinen Welterbe-Titel verloren. Nachdem es seit 2006 auf der Roten Liste der gefährdeten Welterbestätten steht, entschied sich die UNESCO-Kommission nach ausführlicher Diskussion am Donnerstagnachmittag in Sevilla zu diesem Schritt, erst zum zweiten Mal in seiner Geschichte. Neben einem Ansehensverlust hat diese Entscheidung auch finanzielle Folgen für die Stadt. Kleiner Trost: Das deutsch-niederländische Wattenmeer, in das auch die Elbe fließt, ist ab sofort Weltnaturerbe.

Autor/in:
Birgit Wilke
 (DR)

Auch die Rede von Dresdens Oberbürgermeisterin Helma Orosz (CDU), die eigens anreiste und die auf eine Verschiebung der Entscheidung drängte, konnte das Gremium nicht mehr umstimmen. Bundesbauminister Wolfgang Tiefensee (SPD) spricht von einem schwarzen Tag für die Elbestadt, der Kulturrat sogar von einer Blamage Deutschlands in der ganzen Welt.

Als die Kulturlandschaft des Elbtals vor fünf Jahren in die Welterbe-Liste aufgenommen wurde, freuten sich die Dresdner über eine «Erhebung in den Adelsstand». Jetzt müssen sie ohne diese Auszeichnung auskommen. Grund für die Aberkennung ist der Bau einer Elbüberquerung, der Waldschlößchenbrücke. Nach Ansicht der Kritiker verschandelt sie die Sicht auf die berühmte barocke Altstadt-Silhouette, zu der auch die katholische Kathedrale und die protestantische Frauenkirche gehören. Die Brücke zerschneide das Elbtal und zerstöre die Flussauen.

Vor zwei Jahren rang sich die UNESCO zum ersten Mal zu einer Aberkennung durch. Damals verlor ein Naturschutzgebiet in Oman den Titel. Trotz des Hoffens vieler Dresdner kommt die Entscheidung in Sevilla nicht überraschend. Bereits vor einem Monat sickerte durch, dass das Welterbezentrum in Paris eine entsprechende Beschlussvorlage vorbereite.

Trotz der UNESCO-Abmahnung beharrten der Freistaat Sachsen und die Stadt Dresden auf den Bau. Die Bauarbeiten begannen im November 2007 - nach jahrelangem Rechtsstreit. In zwei Jahren soll die Brücke in Betrieb gehen. Geplant wurde sie bereits in den 90er Jahren, «um den wachsenden Verkehr besser zu kanalisieren», wie die Planer argumentieren. 2005 hatte bei einem Bürgerentscheid die Mehrheit für das 160-Millionen-Euro-Projekt votiert. Auf dieses Ergebnis beriefen sich auch kirchliche Stimmen. Es wäre ein sträflicher Fehler, das Votum der Bevölkerung nicht zu respektieren, so der Bischof des Bistums Dresden-Meißen, Joachim Reinelt. Das Elbtal sei eine Kulturlandschaft, die sich weiterentwickle. Der damalige Dresdner Generalvikar und heutige Görlitzer Bischof, Konrad Zdarsa, trat schließlich vor drei Jahren sogar aus dem UNESCO-Kuratorium aus.

In den Bewerbungsunterlagen für den Welterbe-Titel wurde das Brückenprojekt auch aufgeführt. Allerdings wurde der Standort laut UNESCO nicht korrekt angegeben. In den Dokumenten sei die Distanz zur Altstadt mit fünf Kilometer angegeben worden, tatsächlich seien es aber nur zwei. Dies beeinträchtige das Panorama erheblich, das schon den italienischen Maler Canaletto (1721-1780) zu seinen berühmten Dresden-Gemälden inspirierte.

Nach den Erfahrungen mit dem Kölner Dom, der vor fünf Jahren wegen eines inzwischen aufgegebenen Hochhaus-Projektes auch auf die Roten Liste kam, mahnte die Bundesregierung die Stadt Dresden zu mehr Rücksicht. Eine «Berliner Initiative» für das Elbtal, der auch Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse angehört, kritisierte «die klobige Betonkonstruktion mit ihren riesigen Auffahrtrampen» und rief die Verantwortlichen auf, das Projekt aufzugeben. Vergeblich. Die Verantwortlichen schlugen eine Tunnel-Lösung ebenso aus wie den Bau einer eleganteren Brücke.

Deutschland besitzt jetzt noch 33 Welterbestätten. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass die Entscheidung nicht nur einen Imageschaden für Dresden zur Folge hat. Das Bundesbauministerium kündigte bereits an, dass es dann weitere Dresdner Projekte nicht mehr aus dem Welterbestätten-Bundesprogramm fördern werde. Mit dem Geld wollte die Stadt unter anderem das im Welterbegebiet gelegene Lingnerschloss sanieren.

Das deutsch-niederländische Wattenmeer ist dagegen ab sofort Weltnaturerbe. Die Welterbekommission der UNESCO entschied am Freitag in Sevilla, das Wattenmeer in die Liste der bislang weltweit 174 Naturdenkmäler aufzunehmen, wie eine Sprecherin des Niedersächsischen Umweltministeriums auf ddp-Anfrage sagte. Das Wattenmeer ist damit die erste deutsche Naturlandschaft mit Welterbe-Status und insgesamt erst das zweite Weltnaturerbe in Deutschland.

Ausgenommen von dem Welterbestatus ist zunächst der Bereich des Hamburger Wattenmeeres. Die Hansestadt war 2008 wegen der Elbvertiefung aus dem Antrag ausgestiegen, will aber möglicherweise eine nachträgliche Nominierung einreichen.