UN verlassen Afghanistan - Caritas bleibt

Vorläufiger Abzug

Eine Woche nach dem Anschlag auf ein UN-Gästehaus in Kabul ziehen die Vereinten Nationen die Hälfte ihrer ausländischen Mitarbeiter aus Afghanistan ab. Etwa 600 von 1.200 Beschäftigten sollten vorübergehend ausreisen, teilten die UN am Donnerstag mit. Rotes Kreuz, Caritas und Welthungerhilfe bleiben - und erhöhen die Sicherheitsvorkehrungen.

 (DR)

Der Leiter der UN-Mission in Afghanistan, Kai Eide, sagte in Kabul, der Abzug sei vorläufiger Natur. «Wir sprechen nicht über einen Rückzug», sagte der norwegische Diplomat. «Wir sprechen nicht über eine Evakuierung.» Am 28. Oktober waren fünf UN-Mitarbeiter bei einem Selbstmordattentat radikal-islamischer Taliban getötet worden. Es war der schwerste Anschlag auf die Vereinten Nationen seit dem Sturz der Taliban 2001.

Die UN-Mission in Afghanistan arbeitet vor allem für den Wiederaufbau des kriegsgeschädigten Landes. Wegen der umstrittenen Präsidentenwahl vom 20. August und der monatelangen Ungewissheit über das Ergebnis ist die Lage gespannt. Auch Mitarbeiter von UN-Hilfswerken werden in Sicherheit gebracht. Die Versorgung der Bevölkerung werde durch afghanische Mitarbeiter gesichert, hieß es.

Caritas arbeitet weiter Auch nach dem Teilrückzug von UN-Mitarbeitern will Caritas international seine Hilfsprojekte in dem Krisenstaat fortsetzen. Allerdings würden auch für die katholische Organisation die Rahmenbedingungen immer schwieriger, sagte ein Sprecher am Donnerstag in Freiburg. Durch den teilweisen Rückzug der Vereinten Nationen verändere sich an der eigenen Arbeit aber nichts. Die 13 afghanischen und bis zu 4 deutschen Mitarbeiter von Caritas international seien zu äußerster Vorsicht angehalten.

Schon im August hatte die Leiterin des Caritas-Afghanistanbüros erklärt, dass sich die internationalen Helfer nicht mehr frei bewegen könnten. Es gebe dramatische Rückschritte im Aufbauprozess des Landes. Caritas international ist seit mehreren Jahren in Afghanistan aktiv. Gemeinsam mit afghanischen Partnern baut die Organisation beispielsweise psychologische Angebote zur Behandlung von Kriegstraumatisierten auf. Im zentralen Hochland gibt es Nothilfeprojekte für die unter Dürre leidenden Menschen.

Das Rote Kreuz will seine humanitäre Arbeit mit 120 internationalen Mitarbeitern in Afghanistan fortsetzen. «Wir haben keine Pläne, das Land zu verlassen oder unsere Strategie zu verändern», sagte der Sprecher des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz, Simon Schorno, dem epd in Genf. Die Mission in Afghanistan mit insgesamt 1.400 Mitarbeitern sei einer der größten Einsätze der Organisation.

Organisationen wie die Deutsche Welthungerhilfe haben ihr ausländisches Personal schon vor der Wahl auf ein Minimum reduziert. «Wir setzen die Arbeit auf stark reduziertem Niveau fort», sagte Sprecherin Marion Aberle. Im Land seien noch 17 internationale Mitarbeiter, darunter sieben Deutsche. Neben Kabul gebe es für Ernährungs- und Landwirtschaftsprojekte nur noch die zwei Standorte Dschalabad im Osten und Scherberghan im Nordwesten. Die Verwaltung erfolge über Duschanbe in Tadschikistan.

Auch nach Abschluss der Wahlen gilt die Lage als brisant.
Präsident Hamid Karsai war zum Sieger einer Wahl erklärt worden, bei der massiv betrogen worden war. Nach dem Rückzug seines Herausforderers Abdullah Abdullah von der Stichwahl könnte sich die Situation zuspitzen. Abdullah hatte Karsais Wiederwahl als illegal bezeichnet.