Ukraine-Krieg verschärft laut Theologe religiöse Konflikte

"Kirchen fallen als Friedensstifterinnen aus"

Der Krieg in der Ukraine hat nach Einschätzung des Münsteraner Theologen Thomas Bremer die religiösen Konflikte dort verschärft. Laut Umfragen wollen sich viele orthodoxe Gläubige nicht mit einer der Kirchen im Land identifizieren.

Verwüstung in der Stadt Irpin in der Ukraine / © Drop of Light (shutterstock)
Verwüstung in der Stadt Irpin in der Ukraine / © Drop of Light ( shutterstock )

"Umfragen zeigen, dass viele orthodoxe Gläubige sich nicht mit einer der Kirchen im Land, die bereits im Konflikt standen, identifizieren wollen, sondern sich einfach orthodox nennen", erklärte der Osteuropa-Experte am Mittwoch in Münster.

"Zwar hat sich die Kirche, die zuvor zur russischen Kirche gehörte, für unabhängig erklärt. Sie steht aber bei vielen Menschen im Verdacht, pro-russisch zu sein, und muss sich in der Gesellschaft neu positionieren. Als Friedensstifterin fallen beide Kirchen aus."

Beeinträchtigung der Beziehungen zu anderen Kirchen

Die antiwestliche Rhetorik des russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill reicht nach den Worten Bremers weit über die Ukraine hinaus. "Dadurch werden auch die Beziehungen zu anderen Kirchen in der Welt stark beeinträchtigt."

Der Theologe hält am Dienstag im Rahmen des Themenjahrs "Religiöse Dynamiken" des Exzellenzclusters "Religion und Politik" der Universität Münster einen Vortrag über die "Religiöse Dynamiken in der Ukraine".

Christliche Kirchen in der Ukraine

Die kirchlichen Verhältnisse in der Ukraine sind komplex. Rund 70 Prozent der 45 Millionen Ukrainer bekennen sich zum orthodoxen Christentum. Sie gehören allerdings zwei verschiedenen Kirchen an: der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche (UOK) des Moskauer Patriarchats und der autokephalen (eigenständigen) Orthodoxen Kirche der Ukraine (OKU). Zudem gibt es eine römisch-katholische Minderheit mit rund einer Million Mitgliedern sowie die mit Rom verbundene (unierte) griechisch-katholische Kirche der Ukraine.

Das Heilige Feuer aus Jerusalem am 18. April 2020 im Kiewer Höhlenkloster Petscherska Lawra, Hauptsitz der ukrainisch-orthodoxen Kirche Moskauer Patriarchats. / © Sergey Korovayny (KNA)
Das Heilige Feuer aus Jerusalem am 18. April 2020 im Kiewer Höhlenkloster Petscherska Lawra, Hauptsitz der ukrainisch-orthodoxen Kirche Moskauer Patriarchats. / © Sergey Korovayny ( KNA )
Quelle:
KNA