TV-Serie "The Young Pope" bei Filmfestival in Venedig vorgestellt

Der "heilige Vater" als junger Mann

Beim Filmfestival von Venedig ist an diesem Sonntag die TV-Serie "The Young Pope" vorgestellt worden. Der britische Schauspieler Jude Law spielt darin einen fiktiven Papst, der für Unruhe im Vatikan sorgt. Natürlich gibt es auch jede Menge Intrigen und Machtspiele.

Autor/in:
Barbara Schweizerhof
Jude Law spielt die Hauptrolle in der Serie "The Young Pope" / © Ettore Ferrari (dpa)
Jude Law spielt die Hauptrolle in der Serie "The Young Pope" / © Ettore Ferrari ( dpa )

Noch vor wenigen Jahren war der Gedanke an eine glamouröse Premiere einer Fernsehserie auf einem Filmfestival in etwa so abwegig wie die Vorstellung, ein Amerikaner könnte Papst werden.

Mit der europäisch-amerikanischen Koproduktion "The Young Pope" ist dem Filmfestival von Venedig in diesem Jahr gewissermaßen beides mit einem Schlag gelungen: Der Serie, für die der italienische Regisseur Paolo Sorrentino hauptverantwortlich zeichnet, schlug größere Spannung entgegen als manchem Wettbewerbsbeitrag.

Gezeigt wurden die ersten beiden Folgen der zehnteiligen Miniserie, die im Herbst von diversen Bezahlsendern - in Deutschland wird es Sky Atlantic sein - ausgestrahlt wird. Wie immer die Einschaltquoten dann sein werden, das Kinopublikum in Venedig zeigte sich ungemein angetan von der großartig fotografierten und smart geschriebenen Show, in der vieles anders ist als zunächst erwartet.

Vielversprechende Besetzung

Vielversprechend ist allein schon die Besetzung: der Brite Jude Law spielt einen Amerikaner, der soeben zum Papst gewählt wurde.

Schnell wird deutlich, dass dies auf die Intrige des angeblich mächtigsten Manns im Vatikan, Kardinal Voiello (Silvio Orlando) zurückging, der dachte, mit dem jungen Mann einen leicht zu manipulierenden Spielball zu inthronisieren. Aber damit hat sich der Kardinal wohl gründlich verrechnet: Pius XIII., wie der Amerikaner, den seine Vertrauten noch "Lenny" rufen, sich bald nennt, zeigt sich sehr viel undurchsichtiger und vor allem in seinem Vorstellungen vom Papsttum sehr viel konservativer als angenommen.

Sorrentino schreckt nicht davor zurück, sein Publikum mit krassen Bildern zu schockieren: Nicht nur dass zu Beginn der frisch gewählte Papst in einem wilden Traum über einen Berg von schlafenden oder toten Babys kriecht und sich anschließend in nackter Rückenansicht die Zähne putzt. In der ersten Ansprache auf dem Petersplatz fordert er die Gläubigen dazu auf, Dinge wie Masturbation, Verhütung, Abtreibung und Schwulenehe nicht zu vergessen.

Untersuchung eines modernen Machtgefüges

Die Kamera fokussiert ihn dabei wie einen der Diktatoren aus dem 20. Jahrhundert und auch wenn klar wird, dass es sich hier um einen Traum bzw. Alptraum handelt, vermittelt sich dem Zuschauer, dass es in der Serie eben nicht um einen fiktiven Wohlfühlpapst gehen wird, der stellvertretend die Welt rettet oder besser macht. Stattdessen verspricht "The Young Pope" eine faszinierende Untersuchung eines durchaus modernen Machtgefüges zu werden.

Im eigentlichen Wettbewerb dieses 73. Filmfestivals von Venedig gab es dagegen bislang nur einen Film, der es im Gleichklang von visueller Perfektion und Vielschichtigkeit von Figuren und Handlung mit "The Young Pope" aufnehmen kann: Tom Fords "Nocturnal Animals".

Der Modemacher und Labelgründer Ford, der vor wenigen Jahren mit seinem Regiedebüt "A Single Man" gewissermaßen hier in Venedig zum Filmemacher wurde, eroberte zumindest das Festivalpublikum mit seinem zweiten Film noch schneller als mit dem ersten.

Parabel von Reue und Rache

"Nocturnal Animals", wieder eine Literaturverfilmung, zeigt Ford in Höchstform: Mit vollendeter Eleganz webt er die beiden Ebenen der Erzählung zusammen, in der eine Frau (Amy Adams) von ihrem lange entfremdeten ersten Mann ein Manuskript geschickt bekommt, das sich als Thriller voller Gewalt und Rache herausstellt. Bis in die kleinste Nebenrolle (u.a. Jake Gyllenhaal, Michael Shannon, Michael Sheen, Aaron Taylor-Johnson, Isla Fisher, Armie Hammer) perfekt besetzt, ergibt sich eine Parabel, die von Reue, Rache und der Unwägbarkeit des Lebens handelt, mit ätzender Kritik an der Leere des modernen Kunstmilieus, aber auch voll melancholischer Nachsicht mit der Fehlbarkeit des Menschen.

Zusammen mit Damien Chazelles "La La Land" wird Tom Ford damit nicht nur zum Favoriten für einen der begehrten Löwen, die am kommenden Sonntag verliehen werden, sondern eröffnet mit Aplomb das diesjährige Oscar-Rennen. Amy Adams, die außer in "Nocturnal Animals" auch in Denis Villeneuves Science-Fiction-Film "Arrival" ungeheuer stark aufspielte und so endlich die ganze Bandbreite ihres Könnens zeigen darf, scheint eine Nominierung in jedem Fall sicher.


Quelle:
epd