TV-Journalist Steffen Seibert über seinen Weg zum katholischen Glauben

"Ich war ein Spätzünder"

Ungewohnter "Sendungsplatz" für Steffen Seibert: Sonst Experte für das aktuelle Weltgeschehen bei den ZDF-Nachrichten, ist er in dieser Woche bei domradio.de für das Tagesevangelium verantwortlich. Eine Woche nach seinem 50. Geburtstag spricht der evangelisch getaufte Christ über seinen Weg zum katholischen Glauben: "Ein innerer Kern, der mich stärkt."

 (DR)

domradio.de: Sie sind mittlerweile das Gesicht der ZDF-Heute-Nachrichten. Wie ist es dazu gekommen?
Seibert: Ich war ein Spätzünder. Ich habe mit Mitte 20 überhaupt erst zum Journalismus gefunden, hatte dann aber viel Glück, beim ZDF ein Volontariat zu bekommen und dann auch gleich beim Heute-Journal als Reporter einzusteigen. Ich will nicht sagen, dass ich mich nicht bemühen müsste, ich war immer ziemlich fleißig, aber dann nahmen die Dinge immer so ihren eigenen Lauf, ohne dass ich mich nach Neuem habe umsehen müssen, weil doch immer alle zwei, drei Jahre jemand mit einer neuen Idee auf mich zu kam. Nun bin ich allerdings mit dem, was ich mache, schon seit einer Weile ganz glücklich und glaube, dass da noch sehr viel für mich zu erreichen ist.

domradio.de: Haben Sie beruflich alles erreicht?
Seibert: Das klänge so abschließend. Ich habe beruflich mit viel Glück eine Menge erreicht - was ich mir vor 10, 20 Jahren gar nicht vorgestellt hätte. Aber alles erreicht? Ich bin gerade 50 geworden. Es wäre schade, wenn da nicht noch ein bisschen was käme.

domradio.de: Der Glaube spielt in Ihrem Leben eine zentrale Rolle, haben Sie mal in einem Interview gesagt. Was genau bedeutet das?
Seibert: Das bedeutet, dass ich - nachdem das nicht immer so war - in einer bestimmten Phase meines Lebens vor etwa zehn Jahren sehr bewusst zum Glauben gefunden habe, der besser: der Glaube in mir wuchs, wichtiger wurde, das Bedürfnis stärker wurde, und ich dann sehr bewusst zurück in die Kirche gefunden habe. Das war dann in meinem Fall die Katholische Kirche. Das ist nicht die Kirche, in der ich aufgewachsen bin. Aufgewachsen bin ich in der Evangelischen Kirche. Aber in einer eher religionsfernen Familie, würde ich sagen, wo der Kirchbesuch an Weihnachten zum Bürgerlichen dazu gehörte. Das wurde dann zu einer sehr bewussten Entscheidung. Und seitdem ist das für mich - Gott sei Dank - ein innerer Kern, den ich spüre, den ich habe, der mich stärkt, der mir immer wieder Fragen stellt, aber der mich auch anleitet.

domradio.de: Warum sind Sie konvertiert?
Seibert: Es gab viele Jahre, in denen ich schlicht ausgetreten war, weil tatsächlich der Glaube und ganz sicher auch die institutionalisierte Religion bei mir zwischen meinem 20. und 35. Lebensjahr keine bedeutende Rolle gespielt hat. Und dann fand ich es damals ehrlicher auszutreten. Und als das wiederkam, oder als das vielleicht zum ersten Mal wirklich kam in mir, der Hunger nach dem Religiösen, da bin ich dann sehr bewusst eingetreten. Warum in die Katholische Kirche? Das hat mit ein paar biographischen - vielleicht - Zufällen, wenn man daran überhaupt glauben möchte, also mit Begegnungen zu tun, die nun mal Begegnungen mit Katholiken waren dann in dieser entscheidenden Zeit, mit vielen, vielen Gesprächen mit einem ganz bestimmten Menschen, mit der katholischen Liturgie, die mich sehr anspricht, die mir sehr viel Halt gibt.

domradio.de: Evangelium heißt übersetzt Frohe Botschaft, Gute Nachricht - sind Texte in der Bibel so etwas wie der Gegenpol zu den schlechten Nachrichten, die Sie sonst so oft verkünden möchten?  
Seibert: So sehe ich es nicht. Ich sehe nicht den Journalisten und dann als Gegenpol den Christen. Ich bin natürlich Christ auch bei der Arbeit, aber die Arbeit ist zunächst mal weltanschaulich ziemlich ungebunden. Da spielt das keine Rolle. Die Nachrichten sind die Nachrichten, mit denen habe ich auf eine bestimmte handwerklich professionelle Art umzugehen. Es ist nicht so, dass ich dann abends in meinem Glauben einen Gegenpol finde, das stellt man sich zu leicht vor. Ich glaube, dass die grundsätzlichen Wertvorstellungen des Christentums natürlich auch Wertvorstellungen sind, zu denen ich als Journalist vielleicht auch mit beitragen möchte, Toleranz und Nächstenliebe, Achtung vor dem Anderen. Das ist schon etwas, was mich als Journalist auch antreibt. Aber so eins zu eins zu übersetzen ist es nicht.

domradio.de: Ist man als gläubiger Katholik in dieser glitzernden Fernsehwelt nicht ein bisschen out?
Seibert: Sie stellen sich die Fernsehwelt zu glitzernd vor. Wo ich jeden Tag hingehe, in die ZDF-Heute-Redaktion, da wird richtig hart gearbeitet. Glitzern ist da ein sehr seltenes Phänomen. Es gibt da mit Sicherheit gläubige und ungläubige Menschen, es gibt Menschen, denen das sehr wichtig ist, das sind nicht sehr viele, es gibt welche, die sehr entschiedene Atheisten sind und das stark verteidigen. Aber wir gehen da respektvoll miteinander um. Ich werde nicht schief angeguckt, weil über meinem Schreibtisch ein Bild von Benedikt hängt.

Das Gespräch führte Simone Bredel.