Türkei: Christen wehren sich gegen Verstaatlichung von Kirchen - Kloster enteignet

Druck auf Christen wächst

Im türkischen Diyarbakir wehren sich Christen gegen eine Verstaatlichung ihrer Gotteshäuser. Vertreter der syrisch-orthodoxen sowie der evangelischen Kirche legten Widerspruch bei einem Gericht in der südostanatolischen Provinzhauptstadt ein.

Der türkische Präsident Erdogan / © Legnan Koula (dpa)
Der türkische Präsident Erdogan / © Legnan Koula ( dpa )

Darüber berichtet der vatikanische Pressedienst Fides. Die türkische Regierung hatte Ende März im Rahmen ihres Vorgehens gegen die Kurdische Arbeiterpartei PKK weite Teile der Altstadt Diyarbakirs unter ihre Kontrolle gestellt, darunter auch sechs Kirchen. Begründet wurde dies mit dem Schutz und dem Erhalt der historischen Bauten.

Verstaatlicht wurden laut Medienberichten die armenische Giragos-Kirche, eine der größten armenischen Kirchen im Nahen Osten, sowie je eine protestantische, chaldäische, syrisch-orthodoxe und armenisch-katholische Kirche. Die mesopotamische Metropole blickt auf eine lange christliche Tradition zurück.

Weil die christlichen Gemeinden und Kirchen in der Türkei keinen geregelten Rechtsstatus haben, standen die betroffenen Kirchen bislang überwiegend im Besitz zweckgebundener Stiftungen. Die Leiterin des Kulturamtes der Stadt Diyarbakir, Nevin Solukaya, hatte in Reaktion auf die Verstaatlichung die Stiftungen dazu aufgerufen, Rechtsmittel einzulegen.

Kloster beschlagnahmt

Auf der Insel Heybeliada (griechisch Chalki) bei Istanbul hat die Türkei erstmals seit Jahrzehnten ein orthodoxes Kloster enteignet. Es wird zu einem Feuerwehrposten umgewandelt. Das Forstministerium übernahm Anfang April das Dreifaltigkeitskloster auf der Insel im Marmarameer.

Es wurde im frühen 19. Jahrhundert als Eremitensiedlung (Skiti) vom Mönchsvater Makarios gegründet. Damals erfasste die "Skiten-Bewegung" vom Berg Athos her die gesamte damalige europäische und asiatische Türkei. Sie wollte frühe Formen des orientalischen Mönchtums erneuern. Nach ihrem Gründer wurde die Skiti bis zuletzt auch "Makarios" genannt. Sie liegt auf einem bewaldeten Hügel oberhalb einer malerischen Bucht.

2007: Bulldozer verwüsteten Gebäude

In den 1960er Jahren wurde die Skiti von der Türkei wie viele andere Kirchen, Klöster, Schulen für "mazbut" (in Ordnung gebracht) erklärt. Die kirchlichen Einrichtungen wurden staatlicher Besitz, aber den früheren Eigentümern weiter zur Benutzung überlassen.

2007 wurde auch dieses Nutzungsrecht aufgehoben. Bulldozer drangen ins Klostergelände ein, rissen die Gebäude nieder; die Kirche wurde verwüstet. Patriarch Bartholomaios I. feierte seitdem an jedem 5. August eine Verklärungsvigil in einer Zeltkapelle auf dem verwilderten Klostergelände. Nun wurde die zerstörte Skiti endgültig beschlagnahmt und ein inzwischen zurückgekehrter Mönch verjagt.

Lange Enteignungs-Geschichte

Die Insel Heybeliada hat bezüglich der Enteignung bzw. Schließung kirchlicher Einrichtungen durch die türkische Obrigkeit bereits eine lange Geschichte. In den 1930er Jahren wurde dort das ausgedehnte orthodoxe Marienkloster der Kriegsmarine überantwortet.

1971 schrieb das Unterrichtsministerium der berühmten Theologischen Hochschule von Heybeliada den Anschluss an eine staatliche Universität vor. Patriarch Athenagoras I. (1948-1972) zog es vor, den Unterricht an dieser Bildungsstätte für seine Geistlichkeit einzustellen. So rettete er wenigstens die Gebäude und die wertvolle Bibliothek vor der Vereinnahmung.

Armenier und Presbyterianer, die der Eingliederung ihrer Hochschulen in das staatliche System damals zustimmten, verloren bald darauf auch deren Liegenschaften. Das Seminar von Chalki dagegen ist zwar schon 45 Jahre geschlossen, aber weiter im Besitz des Ökumenischen Patriarchats.


Quelle:
KNA