Trotz Missbrauchsskandal bleibt die Nachfrage an katholischen Schulen groß

Ungebrochenes Vertrauen

Die Missbrauchsfälle im kirchlichen Raum haben offenbar noch keine Auswirkungen auf die Anmeldezahlen an katholischen Schulen in Deutschland. Das gilt auch für die Einrichtungen des Jesuitenordens, ergibt eine aktuelle Umfrage.

 (DR)

Das Berliner Canisius-Kolleg, dessen Rektor Klaus Mertes den Skandal Mitte Januar erstmals öffentlich gemacht hatte, verzeichnet für das kommende Schuljahr demnach 300 Bewerbungen für 90 Plätze. Am Bonner Aloisiuskolleg wurden nach Angaben von Schulleiter Bernd Wißmann genauso viele Schüler angemeldet wie in den Vorjahren. Hier stünden 240 Bewerbungen den rund 90 zu vergebenen Plätzen gegenüber.

Ein ähnliches Bild zeigt sich auch in anderen Einrichtungen und Regionen. "Das Vertrauen in die kirchlichen Schulen ist ungebrochen", so der Leiter der diözesanen Schulstiftung im Erzbistum Freiburg, Dietfried Scherer. Die Eltern wüssten sehr wohl zwischen Missständen der Vergangenheit und der heutigen Situation an den Schulen zu unterscheiden, betonte Scherer, dessen Stiftung 26 Schulen mit rund 13.500 Schülern vertritt. Bei den gerade abgeschlossenen Auswahlverfahren konnten seinen Angaben zufolge rund 1.700 Plätze für neue Fünftklässler vergeben werden. Etwa jedem dritten Bewerber habe man absagen müssen.

In Ettal mehr Anmeldungen als im Vorjahr
Auch auf den Schulbetrieb im bayerischen Kloster Ettal scheinen die Enthüllungen der vergangenen Wochen keinen negativen Einfluss zu haben. Die Zahl der Anmeldungen für das nächste Schuljahr liege mit mehr als 50 bereits höher als 2009, sagte Prior Maurus Kraß. Das von Benediktinern geführte Gymnasium war in die Schlagzeilen geraten, weil dort bis etwa 1990 mehr als hundert ehemalige Schüler misshandelt und zum Teil auch sexuell missbraucht worden waren. Das ebenfalls unter Leitung des Ordens stehende Gymnasium Schäftlarn bei München überlegt wegen der hohen Anmeldezahlen laut Schulleiter Wolfgang Sagmeister, mit vier statt wie bisher drei fünften Klassen ins neue Schuljahr zu starten.

Auch im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen ist der Andrang auf die katholischen Schulen ungebrochen. Der Trend, dass mehr Anmeldungen als Plätze zur Verfügung stehen, betreffe alle Schulformen, sagte ein Sprecher des Erzbistums Paderborn. Das Bistum Aachen verzeichnet für seine elf Schulen im Jahr 2010 über 1.700 Anmeldungen. Insgesamt hätten 525 Interessenten in diesem Jahr abgewiesen werden müssen, etwa 30 mehr als 2009.

"Auswirkungen sieht man erst in den kommenden Jahren"
Auch in Gebieten mit katholischen Minderheiten sind katholische Schulen nach wie vor beliebt. So gingen für die sieben Schulen des Bistums Erfurt und die acht des Bistums Magdeburg die Bewerberzahlen nicht zurück. Die Missbrauchsdebatte sei in diesem Zusammenhang kein Thema, betonte der Magdeburger Bistumssprecher Thomas Lazar. Leicht rückläufig sind hingegen die Zahlen der sechs Schulen im Bistum Dresden-Meißen. Dies sei aber schon seit dem vergangenen Schuljahr der Fall und hänge mit einer Schulgelderhöhung zusammen, so Bistumssprecher Michael Baudisch.

Weil in manchen Bundesländern die Anmeldeverfahren für das Schuljahr 2010/2011 allerdings schon vor einigen Monaten abgeschlossen wurden, verhielten sich etwa die Bistümer Mainz und Trier zurückhaltend mit Prognosen über Folgen aus dem Missbrauchsskandal auf die Schülerzahlen. "Ob es Auswirkungen gibt, wird man erst in den kommenden Jahren sehen können", so der Trierer Bistumssprecher Stephan Kronenburg.