Trauerkundgebungen in ganz Frankreich für getöteten Lehrer Paty

"Eindeutig islamistisches Attentat"

I​n ganz Frankreich haben am Sonntag Zehntausende an Trauerkundgebungen für den bei einem offenbar islamistischen Anschlag getöteten Lehrer Samuel Paty teilgenommen. Redner forderten ein gesellschaftliches Zusammenstehen.

Autor/in:
Christoph Schmidt
Ein Protestteilnehmer in Lyon hält ein Plakat hoch, auf dem zu lesen ist (Pour la liberté d'expression) "Für die Redefreiheit". / © Laurent Cipriani/AP (dpa)
Ein Protestteilnehmer in Lyon hält ein Plakat hoch, auf dem zu lesen ist (Pour la liberté d'expression) "Für die Redefreiheit". / © Laurent Cipriani/AP ( dpa )

Um 15 Uhr klatschten die Menschen minutenlang auf der Pariser Place de la Republique. Französischen Fernsehberichten zufolge hielten viele Teilnehmer Schilder mit der Aufschrift "Je suis Prof" oder "Je suis enseignant" (dt.: Ich bin Lehrer) in die Höhe. Die Menge skandierte: "Freiheit dem Ausdruck, Freiheit der Lehre". Redner bekundeten ihre Abscheu angesichts der Bluttat. Zu Versammlungen kam es auch in Lyon, Toulouse, Strasbourg, Nantes, Marseille, Lille und Bordeaux.

Der 47-jährige Paty war am Freitag in dem Pariser Vorort Conflans-Sainte-Honorine nach Angaben der französischen Staatsanwaltschaft von einem 18-Jährigen Muslim mit russisch-tschetschenischen Wurzeln mit einem Messer enthauptet worden. Der Angreifer wurde kurz nach der Tat von der Polizei erschossen. Inzwischen sind elf Personen aus der Familie und dem näheren Umfeld des Mannes festgenommen worden.

"Wir sind Frankreich!"

Grund für den Mordanschlag auf Paty ist nach bisherigen Erkenntnissen, dass der Geschichts- und Geografielehrer in seinem Unterricht die Mohammed-Karikaturen gezeigt hatte, um mit den Schülern über Meinungs- und Glaubensfreiheit zu diskutieren. Den muslimischen Schülern stellte er zuvor frei, die Bilder anzusehen. Dennoch soll er damit Proteste muslimischer Eltern erregt und auch Drohungen erhalten haben. 

Die grausame Tat sorgte am Wochenende landesweit für Empörung und Entsetzen. Premierminister Jean Castex twitterte anlässlich der Solidaritätskundgebungen am Sonntag mit Blick auf die Taten islamistischer Terroristen: "Ihr macht uns keine Angst. Wir haben keine Angst. Ihr spaltet uns nicht. Wir sind Frankreich!"

Macron ruft zur Einheit auf - Bischofskonferenz zur Brüderlichkeit

Staatspräsident Emmanuel Macron hatte die Bluttat am Freitagabend bei seinem Besuch am Tator als "eindeutig islamistisches Attentat" bezeichnet. "Ich rufe alle unsere Landsleute auf, zusammenzustehen, vereint zu sein". Das Opfer habe seine Schüler gelehrt, dass man die Freiheit habe, etwas zu glauben oder auch nicht zu glauben. Dafür sei der Mann getötet worden. "Sie werden damit nicht durchkommen", so Macron mit Blick auf die Islamisten.

Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zeigte sich betroffen. Neben den Angehörigen des Opfers denke sie an die Lehrer in Frankreich und Europa. "Ohne sie gibt es keine Staatsbürger. Ohne sie gibt es keine Demokratie", schrieb sie auf Twitter.

Auch die Französische Bischofskonferenz zeigte sich entsetzt. Die Tat stürze sie in "tiefe Trauer", hieß es in einem Tweet der katholischen Bischöfe. "Die Katholiken beten für ihn und seine Familie." Brüderlichkeit sei eine dringende Notwendigkeit.

Großimam: Toleranz und Offenheit lehren

Der Großimam von Bordeaux, Tarek Oubrou, verurteilte das Attentat scharf und verteidigte das Recht, die Mohammed-Karikaturen zu zeigen. "Gott hat dem Menschen die Erlaubnis gegeben, das Göttliche zu karikieren", sagte er laut dem Sender BFM TV. Theologisch lasse sich das aus den religiösen Texten begründen. Es sei notwendig, Schülern Toleranz und Offenheit zu lehren.

Frankreich wird seit Jahren von islamistischen Anschlägen erschüttert - dabei starben offiziellen Zählungen zufolge mehr als 250 Menschen.


Quelle:
KNA