Trauer um toten Deutsch-Israeli in den USA

Mehr Schutz gefordert

Nach der Ermordung von zwei jungen israelischen Diplomaten in Washington wird auch in Deutschland ein besserer Schutz von Juden und jüdischen Einrichtungen gefordert. Experten sprechen von "gefährlichen Entwicklungen".

Autor/in:
Niklas Hesselmann
Besucher legen bei einer Gedenkveranstaltung vor der Botschaft von Israel in Berlin Blumen ab und zünden Kerzen an / © Bernd von Jutrczenka (dpa)
Besucher legen bei einer Gedenkveranstaltung vor der Botschaft von Israel in Berlin Blumen ab und zünden Kerzen an / © Bernd von Jutrczenka ( dpa )

Die internationale Bestürzung über den Doppelmord an zwei israelischen Botschaftsmitarbeitern in den USA hält an. "Ich bin bis ins Tiefste erschüttert. Zwei so junge Menschen ausgelöscht aus einem einzigen Grund: weil sie sich für Israel eingesetzt haben", sagte 

Charlotte Knobloch, Holocaust-Überlebende und ehemalige Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland / © Christoph Reichwein (dpa)
Charlotte Knobloch, Holocaust-Überlebende und ehemalige Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland / © Christoph Reichwein ( dpa )

Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, am Donnerstag.

Sie warnte: "Dieser gewaltbereite Hass auf jüdische Menschen und Israel kennt keine Grenzen. Er ist hier wie dort derselbe und er ist zum Äußersten bereit. Er bedroht die jüdische Gemeinschaft - und mit ihr die freien, demokratischen Gesellschaften." Es brauche ein übergreifendes Konzept, das Prävention, Sanktion, Bildung und Strafverfolgung umfasse. Auch die nicht-jüdische Mehrheitsgesellschaft müsse erkennen, dass sie bedroht sei und sich gegen die zerstörerische Kraft des Judenhasses zur Wehr setzen müsse.

Der Deutsch-Israeli Yaron Lischinsky und Sarah Milgrim: beide Mitarbeiter der Botschaft wurden vor dem Capital Jewisch Museum erschossen / © Embassy of Israel in Washington (dpa)
Der Deutsch-Israeli Yaron Lischinsky und Sarah Milgrim: beide Mitarbeiter der Botschaft wurden vor dem Capital Jewisch Museum erschossen / © Embassy of Israel in Washington ( dpa )

Die israelischen Diplomaten Yaron Lischinsky und seine Partnerin Sarah Milgrim waren am Mittwochabend (Ortszeit) in Washington erschossen worden, als sie das örtliche jüdische Museum verließen. Der mutmaßliche Täter soll bei seiner Festnahme laut Medienberichten "Free Palestine" gerufen haben.

"Wir werden den Terror nicht gewinnen lassen"

Lischinsky sei in Nürnberg geboren, schrieb der israelische Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, am Donnerstag über die Sozialen Medien. Lischinsky sei Christ und Israel-Liebhaber gewesen, habe in der israelischen Armee gedient und sein Leben der zionistischen Sache gewidmet. "Wir werden den Terror nicht gewinnen lassen", so Prosor.

Ron Prosor, Botschafter von Israel in Deutschland, bei einer Gedenkveranstaltung vor der Botschaft von Israel in Berlin / © Bernd von Jutrczenka (dpa)
Ron Prosor, Botschafter von Israel in Deutschland, bei einer Gedenkveranstaltung vor der Botschaft von Israel in Berlin / © Bernd von Jutrczenka ( dpa )

"Diese abscheuliche Tat verurteile ich aufs Schärfste", erklärte Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) am Morgen; noch bevor klar wurde, dass es sich bei einem der Opfer um einen Deutsch-Israeli handelt.

Stärkerer Schutz auch in Deutschland?

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, beklagte zunehmende politische und antisemitische Gewalt. Ideologie und Hass müssten mit allen Mitteln bekämpft werden: "von besserer Aufklärung bis zu schärferer Verfolgung und Strafen sowie Sicherheitsmaßnahmen".

Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, warnte vor Nachahmern der Tat auch in Deutschland. "Wir sollten daher als Gesellschaft sensibilisiert sein, und die Sicherheitsmaßnahmen für jüdische Einrichtungen sollten auch in Deutschland verstärkt werden", sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.

Die Gewerkschaft der Polizei forderte einen besseren Schutz jüdischer Menschen in Deutschland und mehr Polizisten. "Die Regierung muss eine ausfinanzierte Strategie zur Extremismusbekämpfung vorlegen, um solche verheerenden und gefährlichen Entwicklungen zu verändern", sagte Gewerkschaftschef Jochen Kopelke der "Rheinischen Post" (Freitag).

Starke Radikalisierung

Der Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, Volker Beck, sagte: "Das 'Free Palestine' rufende Milieu radikalisiert sich in bedenklicher Weise. Der Israel-Hass ist mörderisch." Lischinsky habe sich als Gründungsmitglied des Jugendforums der Israelisch-Deutschen Gesellschaft, einer Schwesternorganisation, sehr für gute deutsch-israelische Beziehungen sowie eine friedliche Koexistenz im Nahen Osten eingesetzt.

US-Präsident Donald Trump hatte den Doppelmord als "offensichtlich antisemitisch motiviert" verurteilt. Israels Staatspräsident Isaac Herzog zeigte sich erschüttert. Er erklärte, die USA und Israel stünden "in der Verteidigung unseres Volkes und unserer gemeinsamen Werte zusammen".

Meldestelle: "Antisemitismus ist kontinuierliches Problem"

Die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (Rias) hat in Berlin für 2021 insgesamt 1.052 antisemitische Vorfälle dokumentiert. Davon waren 22 Angriffe, 43 gezielte Sachbeschädigungen, 28 Bedrohungen, 895 Fälle verletzenden Verhaltens sowie 62 Massenzuschriften, wie aus einem am Dienstag in Berlin veröffentlichten Bericht hervorgeht. Erstmals seit Beginn der Dokumentation im Jahr 2015 seien auch zwei Angriffe dabei gewesen, die mit "extremer, potentiell tödlicher Gewalt" einhergingen.

Hakenkreuz-Schmierereien an einer Schule / © Jochen Lübke (dpa)
Hakenkreuz-Schmierereien an einer Schule / © Jochen Lübke ( dpa )
Quelle:
KNA