Hilfsorganisationen entsetzt über Tote im LKW nahe London

"Tragödie der Immigration"

Hilfsorganisationen zeigen sich entsetzt über die Entdeckung von 39 Toten in einem LKW nahe London. Es sei eine "erneute Tragödie der Immigration", sagte die Gemeinschaft SantEgidio mit Verweis auf die Ertrunkenen im Mittelmeer.

Spurensicherung am LKW, in dem 39 Leichen gefunden wurden / © Stefan Rousseau (dpa)
Spurensicherung am LKW, in dem 39 Leichen gefunden wurden / © Stefan Rousseau ( dpa )

SantEgidio appellierte an die europäischen Institutionen und Länder, Maßnahmen gegen den "traurigen Todeszug" von Flüchtlingen zu ergreifen. Die Gemeinschaft verwies auch auf die Menschen, die vor wenigen Tagen vor der Küste Lampedusas ertrunken waren. 

Am Mittwoch war in Essex ein abgestellter LKW entdeckt worden. An Bord befanden sich 39 offenbar erstickte Menschen. Über ihre Identität ist noch nichts bekannt; die Behörden gehen von Menschenschmuggel aus.

Zusammenarbeit mit den Herkunftsländer

Konkret forderte Sant'Egidio die Wiedereinrichtung von legalen Zugangswegen. In verschiedenen Bereichen der europäischen Wirtschaft und im Dienstleistungsgewerbe gebe es ein großes Bedürfnis nach Arbeitskräften, betonte die Gemeinschaft. 

Für Kriegsflüchtlinge müssten humanitäre Korridore eingerichtet werden, zudem sollte ein Resettlement innerhalb Europas in Erwägung gezogen werden. Auch brauche es eine vertiefte Zusammenarbeit mit den Herkunftsländern von Flüchtlingen, um jungen Menschen dort eine Zukunft zu ermöglichen.

Kriminelle Schlepper

Der Geschäftsführer von Pro Asyl, Günter Burkhardt, gab Europa eine Mitschuld am Tod der 39 Menschen. Wenn alle Wege gesperrt würden, treibe dies verzweifelte Flüchtlinge in die Hände von kriminellen Schleppern, sagte er am Donnerstag im ZDF-Morgenmagazin. Die Organisation befürchte, dass ein harter Brexit einen Nachzug für Angehörige von Flüchtlingen in Großbritannien unmöglich machen könnte.

Burkhardt zog auch eine Verbindung zum Einmarsch der Türkei in Nordsyrien. Die EU habe dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan 2016 ihre Unterstützung für die Einrichtung "sicherer Zonen" in dem Bürgerkriegsland zugesagt. Damit habe Erdogan einen "Freibrief zur Vertreibung von Kurden aus Syrien" erhalten, so der Experte. Derartige Menschenrechtsverletzungen zuzulassen, sei "eine Bankrotterklärung Europas."

Sant'Egidio - Überblick

Die im Mai 1968 in Rom entstandene katholische Bewegung Sant'Egidio widmet sich der karitativen Arbeit, der Diplomatie in Bürgerkriegsgebieten sowie dem Dialog der Religionen. Sie hat nach eigenen Angaben rund 60.000 Mitglieder in 70 Ländern, davon 5.000 in Deutschland. Ihr Hauptsitz befindet sich im römischen Stadtteil Trastevere, ihr deutsches Zentrum seit 1983 Würzburg. Seit 1986 ist die ökumenisch stark engagierte Gemeinschaft von der katholischen Kirche als Laienvereinigung anerkannt. Finanziert wird ihre Arbeit durch Mitgliedsbeiträge, Spenden sowie durch öffentliche Zuschüsse.

Logo der katholischen Gemeinschaft Sant'Egidio / © Paolo Galosi/Romano Siciliani (KNA)
Logo der katholischen Gemeinschaft Sant'Egidio / © Paolo Galosi/Romano Siciliani ( KNA )
Quelle:
KNA
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