Traditionelle Erdbestattung in den USA auf dem Rückzug

Sinatra und Clapton statt Ave Maria

Die traditionelle Erdbestattung befindet sich in den USA auf dem Rückzug. Statt mit Holzsarg, schwarzem Anzug und Trauergesicht verabschieden die US-Amerikaner ihre Verstorbenen mit fröhlich-bunten Gedenkveranstaltungen.

Autor/in:
Thomas Spang
Sargträger bei einer Beerdigung / © Federico Gambarini (dpa)
Sargträger bei einer Beerdigung / © Federico Gambarini ( dpa )

Dayna West wusste, was ihrem Vater Howard gefiel. Also plante sie nach seinem Tod statt einer traurig-ernsten Beerdigung eine bunte Feier, bei der noch einmal Familie, Freunde und Kollegen in seinem Andenken zusammenkamen. "Mein Vater hat sich nie an Regeln gehalten", erklärt Dayna einem Reporter der "Washington Post" ihre Idee, das verflossene Leben ihres Dads in den "Sony Filmstudios" von Los Angeles zu feiern. 300 Trauergäste kamen. Einige trugen Baseball-Kappen mit der Aufschrift "Life's not fair, get over it" (Das Leben ist nicht fair. Werd damit fertig). Die Gäste lachten über Howards Lieblingssprüche.

Dazu gab es Würstchen vom "Hot-Dog"-Stand. Dayna beauftragte die Firma "Final Bow Productions", die sich darauf spezialisiert hat, "den Abschied vom Leben so zu begehen, wie wir in Erinnerung bleiben wollen".

"End-of-Life"-Zeremonien

Sogenannte "End-of-Life"-Zeremonien sind in den zunehmend säkularisierten USA im Kommen und verdrängen die traditionelle Erdbestattung. Es gibt einen Trend zu mehr Sinatra und Clapton statt "Ave Maria" und mehr Hawaii-Hemden mit Bermuda-Shorts statt schwarzen Anzügen.

Getrieben werden die Veränderungen auf dem Bestattungsmarkt auch durch die demografische Entwicklung. Die in den 50er und 60er Jahren geborenen "Babyboomer" bewegen sich langsam auf das Lebensende zu. Bis 2037 werden nach Angaben des Census-Büros mehr als 3,6 Millionen Menschen sterben. Da nur noch knapp jeder Dritte regelmäßig in die Kirche geht, befindet sich auch der religiöse Beerdigungs-Ritus auf dem Rückzug.

Eine finanzielle Herausforderung

Dafür gibt es auch ganz profane Gründe. Erdbestattungen sind mit im Schnitt 9.000 Dollar für viele Amerikaner eine finanzielle Herausforderung. Das macht Feuerbestattungen attraktiv, die im Vergleich nur rund ein Drittel kosten.

Derzeit lassen sich rund die Hälfte der Verstorbenen einäschern. 2002 lag die Quote erst bei 28 Prozent, 2035 soll sie schon 80 Prozent ausmachen, so der Dachverband der US-Bestatter. Ein Umbruch, der dazu beiträgt, den letzten Ruheort mobil zu machen. Die handlichen Urne, die neben dem Erinnerungsfoto auf dem Regal im Schlafzimmer steht, kann beim Umzug an einen anderen Ort mitgenommen werden. Damit ist auch das heikle Thema der Grabpflege gelöst.

Das Meer ist beliebt als letzter Ort

Immer häufiger entscheiden sich Sterbende oder deren Hinterbliebene auch für alternative Aufbewahrungsorte ihrer Asche. Orte der Ascheausbringung können dann der erste Spielplatz, der Park neben der Schule, der Lieblings-Ferienort oder der eigene Garten des Verstorbenen sein.

Besonders beliebt bleibt das Meer. Captain Ken bietet auf Hawaii Kreuzfahrten für bis zu 80 Gäste an. Jahr für Jahr verstreut er die sterblichen Überreste von 600 Verstorbenen zu den Klängen der Ukulele und mit aufsteigenden weißen Tauben in den Wellen. "Es macht es zu einer Feier des Lebens und nicht zu einer so morbiden Angelegenheit", erklärt der erfolgreiche Nischen-Unternehmer, dessen Geschäft Jahr für Jahr um 20 Prozent zulegt.

Verwertung durch Schnellkompostierung

Erfolg hat auch die Geschäftsidee von "Recompose" in Seattle. Die alternative Bewegung im US-Bundesstaat Washington wirbt mit der Vollverwertung der Leiche; eine ausgeklügelte Rezeptur der Schnellkompostierung lässt den toten Körper schnell zerfallen. Nach nur 30 Tagen bleibt je Leiche nicht mehr als ein Kubikmeter Erde übrig. Dünger, der einen Baum im eigenen Garten wachsen lässt.

"Meine Arbeit ist es, Menschen mit dem natürlichen Kreislauf in Verbindung zu bringen", erklärt Katrina Spade, Initiatorin der grünen Idee, das Konzept des Unternehmens. Onkel Ted und Tante Julie bleiben so auch im Tod noch wertvoll und leben in der Eiche oder im Kirschbaum irgendwie weiter. Das notwendige Gesetz für die nachhaltige Bestattung ging Mitte April durch den Kongress des nordwestlichen Bundesstaates.


Quelle:
KNA