Tote und Verletzte bei schwerem Erdbeben in Mittelitalien

Schreck in der Nacht

Ein schweres Erdbeben in Italien lässt Schlimmes befürchten. "Die Hälfte des Ortes gibt es nicht mehr", sagt ein Bürgermeister. Die Basilika San Francesco in Assisi wurde verschont. Papst Franziskus ändert sein Tagesprogramm.

Zerstörte Kirche in Amatrice / © Percossi (dpa)
Zerstörte Kirche in Amatrice / © Percossi ( dpa )

Ein schweres Erdbeben hat in Mittelitalien mehrere Menschen in den Tod gerissen und schwere Schäden angerichtet. Der Erdstoß mit einer Stärke von mehr als 6 hatte sein Zentrum in der Provinz Rieti, er ließ Gebäude einstürzen, Menschen wurden unter Trümmern begraben. Unter den Verschütteten waren auch Kinder. Die Erdstöße waren in der Nacht zu Mittwoch in den Regionen Latium, Umbrien, in den Marken und bis in die Hauptstadt Rom und an der Adria-Küste zu spüren. Menschen liefen panisch auf die Straßen. Besonders betroffen war die Gebirgsregion Appennin. Zudem hielten mehrere starke Nachbeben die Region in Atem.

Um 3.30 Uhr in der Nacht fing die Erde an zu beben. Vor allem die kleineren Ortschaften Amatrice und Accumoli wurden getroffen. "Die Hälfte des Ortes gibt es nicht mehr. Die Menschen sind unter den Trümmern", sagte der Bürgermeister von Amatrice dem Nachrichtensender RaiNews24. "Es gibt Tote." Straßen seien blockiert, der Strom sei ausgefallen. Er forderte Hilfe per Hubschrauber. Ein Einwohner sagte dem Sender: "Alles ist kaputt." Mindestens zwei Tote konnten bis zum Morgen geborgen werden. Auch das Militär wurde zum Hilfseinsatz mobilisiert.

Papst betet Rosenkranz

Papst Franziskus, der sich am Morgen auf dem Petersplatz mit Gläubigen zur Generalaudienz versammelt hatte, brachte sein tiefes Mitgefühl für die Erdbebenopfer zum Ausdruck und verschob die Katechese der Generalaudienz auf kommenden Mittwoch, um mit den Gläubigen den schmerzhaften Rosenkranz zu beten. Die italienische Bischofskonferenz kündigte an, 1 Million Euro aus einem Fonds für die Erbebenregion bereitzustellen. Sie rief zudem zu einer nationalen Kollekte in allen Kirchen des Landes am 18. September auf, anlässlich des 26. Nationalen Eucharistischen Kongresses.

Radio Vatikan sprach mit dem Bürgermeister von Amatrice, Sergio Pirozzi: "Es ist dramatisch: Drei Viertel des Ortes gibt es nicht mehr. Jetzt gilt es, so viele Leben wie möglich zu retten. Die Feuerwehr ist angekommen, auch die Hundestaffel kommt – das ist das, was wir jetzt am meisten brauchen. Menschen, die helfen. Es ist eine Tragödie.”

Bischof von Ascoli: Verweifelte Lage

In Pescara del Tronto erreichten die Kollegen von Radio Vatikan den Bischof von Ascoli, Giovanni D’Ercole. "Ich befinde mich im Ort, wo die Lage desolat ist. Als das Tageslicht hereinbrach, habe ich ein zerstörtes Dorf gesehen, ich hörte Schreie, es gab Tote. Wir wissen nicht, wie viele es sind. Wir sind wirklich in einer verzweifelten Lage und leider ist das nicht der einzige Ort, denn auch andere sind betroffen. Einige Ortsteile sind sogar ganz abgeschnitten, da kommt man gar nicht mehr rein. Von einigen Menschen fehlt jedes Lebenszeichen. Soeben habe ich die Leichen zweier jungen gesegnet. Ich kann nicht sagen, wie viele Tote es gibt. Es gibt einige Verletzte aber ich weiß nicht, wie viele Tote. Die Lage wird dadurch erschwert, dass es kalt ist und die Hilfskräfte schwer vorankommen und die Straßen durch das Erdbeben stark beschädigt wurden. Es war sehr stark."

Suche nach Verschütteten dauert an

Wie viele Opfer es insgesamt gab, war zunächst nicht klar. Ein älteres Paar starb in dem Örtchen Pescara del Tronto in seinem Zimmer, wie die Polizei bestätigte. In der kleinen Gemeinde Accumoli sei eine Familie mit zwei kleinen Kindern verschüttet, und es gebe kein Lebenszeichen, sagte der Bürgermeister des Ortes.

Das Beben hatte nach Angaben des Geophysischen Instituts Potsdam eine Stärke von 6,1 und lag in zehn Kilometern Tiefe. Die italienische Erdbebenwarte gab eine Stärke von 6 und eine Tiefe von etwa 4 Kilometern an. Das US-Erdbebeninstitut sprach von der Stärke 6,2. Die betroffene Region liegt ungefähr 150 Kilometer nordöstlich von Rom.

Bruder Thomas: Basilika von Assisi verschont

Städte wie Perugia und Assisi sind nicht weit entfernt. Auch Touristen an der Adria-Küste meldeten sich besorgt bei den Feuerwehren. An der berühmten Basilika San Francesco in Assisi, die bei einem schweren Erdbeben 1997 beschädigt wurde, gab es dieses Mal nach ersten Angaben keine Schäden. Bruder Thomas Freidel in Assisi sagte gegenüber domradio.de, das Erdbeben sei deutlich zu spüren gewesen, alles habe gewackelt. "Unser Chefrestaurator ist sofort in der Nacht gekommen und hat die Gebäude begutachtet." Schäden seien keine  festgestellt worden: "Da bewährt sich die Sicherungstechnik, die nach dem Beben von 1997 eingebaut wurde."

Der Chef des Zivilschutzes, Fabrizio Curcio, rief ein Notfall-Komitee ein. Er sprach von einem "schweren" Beben, es sei vergleichbar mit dem in der Stadt L'Aquila im Jahr 2009. Damals kamen mehr als 300 Menschen ums Leben, vor allem weil das Beben direkt die Stadt mit Zehntausenden Einwohnern traf. Das jetzige Beben sei vermutlich weniger fatal, weil die Gegend nicht so stark bevölkert ist. L'Aquila ist die Hauptstadt der Abruzzen und liegt nicht allzuweit von der nun betroffenen Region entfernt.

Mehrere Nachbeben folgten in der Nacht, auch in Rom schwankte gegen 4.30 Uhr erneut der Boden. Laut US-Erdbebenwarte hatte eines der Nachbeben die Stärke 5,5. Italien wird auf Grund seiner geografischen Lage immer wieder von Erdbeben erschüttert, oft auch von schwerwiegenden.


Quelle:
dpa , DR , rv