Thomas Meinecke über Mannsbilder und Weiblichkeit in der Bibel

Jesus ist zärtlich

"Wenn es um die gesellschaftlichen Verabredungen der Geschlechterrollen geht, ziehen Frauen fast immer den Kürzeren", sagt Thomas Meinecke im domradio.de Interview. In der Bibel findet er in Jesus einen Menschen, der mit weiblichen Attributen ein Gegenbild zum heutigen Machismo darstellt.

Thomas Meinecke / © Wolfgang Lückel
Thomas Meinecke / © Wolfgang Lückel

"Selbst", so heißt der neue Roman von Thomas Meinecke. In dem Buch beschäftigt sich der Autor mit der Frage, welches Bild wir von uns haben und ganz speziell, in wieweit dieses Bild von Hierarchien zu Ungunsten der Frauen geprägt ist. Wenn man sich zum Beispiel jeden Tag die barbusigen Frauen in Deutschlands meistverkaufter Zeitung, der BILD Zeitung anschaut, dann könnte man meinen, Männer sind Machos, die gern nackte Frauen anglotzen und für ihre sexuellen Triebe instrumentalisieren. "Es muss doch im Interesse aller sein, dass es ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den Geschlechtern gibt", sagt der Autor, "und nicht eine Hierarchie zu Ungunsten der Frau".

Die Kirche ist weiblich

Männer werden aber nicht als Machos geboren. Unsere Frauen- und Männerbilder sind durch Kultur und Gesellschaft geprägt. Thomas Meinecke diskutiert in seinem Roman die Ansätze der Genderforschung, die dafür kämpft, dass das Hierarchiegefälle zwischen Mann und Frau verschwindet. Nun löst der Begriff Gender aber in kirchlichen Institutionen eine enorme emotionale Aufregung aus, die Thomas Meinecke für unangebracht hält: "Die Kirche hat über die Jahrhunderte den Diskurs über Männlichkeit und Weiblichkeit befördert", ist er überzeugt, "mit ihren Marienbildern, mit der Vorstellung, dass die Kirche als Ecclesia etwas Weibliches ist, dem Männer dienen. Das sind doch alles Gender-Themen".

Der Traum von einer postpornografischen Zeit

Thomas Meinecke ist katholisch. Seinen Büchern merkt man das an. Christlich- katholische Themen kommen immer wieder vor. Beim Lesen der Bibel ist ihm aufgefallen, dass der Typ Macho im Evangelium keinen Platz hat. "Auch Jesus hat eher weibliche Eigenschaften", sagt er, "Jesus ist kein protzender Macho, sondern steht für Zärtlichkeit und Sanftmut". In dem Sinne sei Jesus keine männliche Figur. In seinem Roman "Selbst" schickt Thomas Meinecke drei Frauen in den Geschlechterdiskurs unserer Zeit. Das ist aufregend und Gedanken anregend. Der Autor träumt dabei von einer neuen Zeit, einer postpornografischen Zeit, wie er es nennt, "in der die Hierarchisierung, wo Sexualität immer ein Gewaltverhältnis definiert, verschwindet".