Theologe sieht in guter Predigt Anregung zum Austausch

"Kein Sprachrohr für persönliche Meinungen"

Eine gelungene Predigt kann vermittelnd wirken, Offenheit und einen "Raum für Auseinandersetzung und Vertiefung" schaffen. Sie sei jedoch "kein Sprachrohr für persönliche Meinungen". Das betont der Regensburger Theologe Thomas Vogl.

Antependium an einer Kanzel mit dem Spruch "Dein Wort ist die Wahrheit" / © Beate Laurenti (KNA)
Antependium an einer Kanzel mit dem Spruch "Dein Wort ist die Wahrheit" / © Beate Laurenti ( KNA )

Doch auch bei fragwürdigen Inhalten könne es sich lohnen, im direkten Gespräch eine Rückmeldung zu geben, sagte er im Interview des Portals katholisch.de am Dienstag. Predigende, die etwa nach einem Gottesdienst ansprechbar sein, könnten konstruktive Rückmeldungen als hilfreich erleben.

Kein Protest während des Gottesdienstes 

Von Protestäußerungen während des Gottesdienstes riet Vogl dagegen ab. "In einem Gottesdienst können Menschen mit ganz vielfältigen Hintergründen und Erwartungen sitzen. Die einen kommen gerade wegen der Predigt, die anderen wollen vor allem die Liturgie mitfeiern und zur Ruhe kommen."

Möglich sei dagegen, den Gottesdienst still zu verlassen oder beim nächsten Mal nicht zu kommen. Eine Predigt sollte "kein Sprachrohr für persönliche Meinungen sein", die über aktuelle Ereignisse oder Anlässe im Kirchenjahr hinausgingen, mahnte der Homiletiker. 

"Wer streitbare Thesen einfach behauptend in den Raum stellt, lässt die Hörenden zunächst damit alleine. Es gibt keine systeminhärente Rückmeldungsmöglichkeit." 

Kontroverse Themen nicht verschweigen

Bei provokanten Inhalten stelle sich die Frage, ob es dabei noch um ein "geistliches Beziehungsgeschehen" gehe oder vielmehr darum, sich zu profilieren. Vogl: "Wer eine Predigt nur nutzt, um eigene theologische oder politische Positionen unters Volk zu bringen, missbraucht die Predigt."

Kontroverse Themen, die viele Menschen bewegten, könnten dennoch thematisiert werden: "Wenn man sie verschweigt, verschwinden sie dadurch nicht", sagte der Wissenschaftler. Dabei gelte es, redlich zu argumentieren und den Menschen bezüglich der kirchlichen Lehre nichts vorzumachen. 

Christ zu sein bedeute auch, Werte zu vertreten - und zugleich brauche es eine Offenheit für andere Perspektiven und die Fähigkeit, im Gespräch zu bleiben.

Stichwort: Predigt

Die Predigt (von lateinisch praedicátio "Lobpreis, Lob, Vorspruch", von praedicáre "laut ausrufen, bekanntmachen, loben") ist die Glaubensverkündigung in Form einer Ansprache, in der Regel im Rahmen eines Gottesdienstes.

Die Predigt in der heiligen Messe wird als Homilie ("Gespräch, Rede, Unterricht") bezeichnet, die die in der heiligen Messe verkündeten Perikopen auslegt.

Justin Welby, Erzbischof von Canterbury, predigt zu Ostern in der Kathedrale von Canterbury / © Gareth Fuller (dpa)
Justin Welby, Erzbischof von Canterbury, predigt zu Ostern in der Kathedrale von Canterbury / © Gareth Fuller ( dpa )
Quelle:
KNA