Theologe Hans Küng mit Lew-Kopelew-Preis ausgezeichnet

Entschlossenes Eintreten für Offenheit und Toleranz

Der katholische Theologe Hans Küng ist am Sonntag in Köln mit dem Lew-Kopelew-Preis für Frieden und Menschenrechte ausgezeichnet worden. Der 78-Jährige teile mit Kopelew das "entschlossene Bestreben, jeglichen Fremdenbildern entgegenzuwirken
und für Offenheit und Toleranz einzutreten", hieß es in der Begründung des Lew-Kopelew-Forums. Küngs "Weltethos"-Projekt
versuche, Gemeinsamkeiten zwischen den großen Weltreligionen
herauszuarbeiten.

 (DR)

Der undotierte Preis wird seit 2001 zum Gedenken an den russischen Schriftsteller und Dissidenten Lew Kopelew (1912-1997) vergeben. Dieser hatte nach seiner Ausbürgerung aus der UdSSR bis zu seinem Tod in Köln gelebt.

Der erste Vorsitzenden des Lew Kopelew Forums, WDR-Intendant Fritz Pleitgen, würdigte vor rund 600 geladenen Gästen die Bereitschaft Küngs, "sich bei aller Friedfertigkeit auch mit der höchsten Obrigkeit anzulegen, wenn es um seine Vorstellungen von einem offenen und toleranten Miteinander ging, auch wenn dies schmerzliche Folgen haben konnte".

Die Außenministerin der Schweiz, Bundesrätin Micheline Calmy-Rey, wies in ihrer Laudatio auf die Aktualität des Wirkens von Hans Küng hin: "Ob Darfur, Naher Osten oder Norduganda - nirgends wird deutlicher, welch praktische Bedeutung Hans Küngs Denken hat, als im humanitären Völkerrecht, das in den Genfer Konventionen und deren Zusatzprotokollen festgeschrieben ist." Leider hätten die Realitäten der neuen Kriege einzelne bewogen, diese Normen in Frage zu stellen.

Hans Küng kritisierte in seiner Dankesrede die Politik der amerikanischen Regierung als einen Rückfall in "das überholteParadigma der militärischen Konfrontation, Aggression und Revanche". Statt einer ethisch fundierten Politik der Menschenrechte betrieben die USA "eine Völkerrecht und Genfer Konventionen missachtende
Machtpolitik unter dem Vorwand der Durchsetzung von Demokratie und
Menschenrechten". Trotz vieler Enttäuschungen hätten sich aber die Hoffnungen auf eine neue bessere Weltordnung als unerschütterlich erwiesen, hob Küng hervor.

Versöhnung mit Papst Benedikt XVI.
Der 1928 in Luzern geborene Küng gilt als einer der bedeutendsten deutschsprachigen Theologen der Gegenwart. Die vatikanische Glaubenskongregation entzog ihm 1979 wegen abweichender theologischer Meinungen die Lehrerlaubnis. Anlass waren Thesen Küngs, der in seinen Büchern unter anderem die päpstliche Unfehlbarkeit anzweifelt. Seitdem war er bis zu seiner Emeritierung 1996 fakultätsunabhängiger ordentlicher Professor in Tübingen. In den vergangenen 15 Jahren engagierte sich Küng für das "Projekt Weltethos". Er ist Präsident der gleichnamigen Stiftung. Überraschend trafen sich Papst Benedikt XVI. und Küng Ende September 2005 zu einem Gespräch.