Theologe: Gesellschaftliche Teilhabe von Muslimen wird zunehmen

Gesetzliche islamische Feiertage?

In Deutschland wird es nach Einschätzung des Bonner Kirchengeschichtlers Wolfram Kinzig in absehbarer Zeit nicht nur islamischen Religionsunterricht an staatlichen Schulen, sondern auch staatlich geschützte islamische Feiertage geben. Trotz des gegenwärtigen raschen Wandels der gesellschaftlichen Rolle der Religionen in Deutschland bestehe aber keine Besorgnis um die Fortexistenz der christlichen Kirchen.

 (DR)

In der jüngsten Ausgabe der "Informationen zur politischen Bildung" der Bundeszentrale für politische Bildung betont der evangelische Theologe, die gesellschaftliche Teilhabe von Muslimen werde schon aus demografischen Gründen zunehmen. Mit Recht drängten sie auf verstärkte Teilhabe am deutschen Politik-, Kultur- und Wirtschaftsleben. Die islamischen Gruppierungen müssten sich aber besser organisieren, um Ansprechpartner gegenüber dem Staat zu sein, so Kinzig.

Nach Einschätzung Kinzigs werden mehr Muslime Universitäten besuchen und auf lange Sicht Führungspositionen in Wirtschaft und Gesellschaft einnehmen. Erste Anzeichen hierfür seien schon erkennbar; so gebe es bereits islamische Universitätslehrer oder Bundestagsabgeordnete. Dies werde weitreichende zivilreligiöse Veränderungen wie die Einführung des islamischen Religionsunterrichts nach sich ziehen. Dadurch gerieten der traditionelle Bildungskanon und überkommene Wertvorstellungen unter Druck. Nach Kinzigs Dafürhalten seien daher neuartige Kompromisse auszuhandeln

Aber: Deutschland sei unverändert ein christlich geprägtes Land, erklärte er im Hinblick auf die Tatsache, dass 74 Prozent der insgesamt 82,3 Millionen Bundesbürger einer christlichen Religionsgemeinschaft angehören, in der überwiegenden Mehrheit Katholiken oder Protestanten.

Zwar gebe in den letzten Jahren stetig sinkende Besucherzahlen beim Gottesdienst. Dennoch wäre es nach Ansicht Kinzigs zu kurz gegriffen, würde man die Kirchen zum «Auslaufmodell» erklären. Solche Prognosen habe die Religionskritik seit der Aufklärung immer wieder abgegeben, doch hätten sich die Kirchen in ihrer Geschichte als erstaunlich widerstandsfähig erwiesen. In der aktuellen Lage reagierten sie durch Ausweitung ihrer gesellschaftlichen Aktivitäten und ihres geistlichen Angebots. Auch die vielfältigen Verflechtungen zwischen Kirche sowie Staat und Gesellschaft ließen es als unwahrscheinlich erscheinen, dass die Kirchen so bald verschwinden würden, unterstreicht der Kirchengeschichtler der Universität Bonn.

Das von der Bundeszentrale für politische Bildung herausgegebene Magazin «Informationen zur politischen Bildung» erscheint vierteljährlich und ist kostenlos zu beziehen.