Theologe betont Relevanz von Fastenzeit für säkulare Gesellschaft

Innere Einkehr ist nicht nur für Fromme interessant

Der Göttinger Theologe Wolfgang Reinbold glaubt, dass auch religiös ungebundene Menschen von einer Zeit der inneren Einkehr in der Fastenzeit profitieren können. Das Konzept aus dem Mittelalter sei immer noch aktuell.

Fastenspeise, Rosenkranz und Bibellektüre - Symbole zur Fastenzeit (shutterstock)
Fastenspeise, Rosenkranz und Bibellektüre - Symbole zur Fastenzeit / ( shutterstock )

Entsprechende Angebote wie Fastenseminare in Kirchengemeinden und Stille Zeiten in Klöstern richteten sich längst nicht mehr nur an ein frommes Publikum, sagte der Professor für Neues Testament an der Universität Göttingen im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Prof. Dr. Wolfgang Reinbold / © Jens Schulze (epd)
Prof. Dr. Wolfgang Reinbold / © Jens Schulze ( epd )

Die körperlichen, seelischen und spirituellen Aspekte des Fastens würden heute oft nicht mehr klar voneinander angegrenzt. Das bewiesen etwa viele der immer beliebter werdenden Fastenzeit-Angebote der Klöster. 

"Nehmen Sie beispielsweise ein Angebot wie 'Fasten und Einkehr', das von einem christlichen Kloster angeboten, von einer Ayurveda-Therapeutin und einer Meditationslehrerin geleitet und mit dem Motto 'Fasten zur Stärkung Ihrer Selbstheilungskräfte' beworben wird", sagte Reinbold. "Da könnten wir lang diskutieren, wo das Religiöse aufhört und das Säkulare beginnt."

Mittelalterliche Tradition

Der Theologe erläuterte, die im Christentum gebräuchliche Fastentradition der "inneren Einkehr" stamme vor allem aus der mittelalterlichen Mystik, deren Ziel es sei, "dass die Seele eins mit Gott beziehungsweise mit Christus wird." 

Die Bibel beschreibe ein derartiges Konzept noch nicht, weise aber schon darauf hin, dass das Fasten "keine Show" für andere sei, sondern einzig für Gott geschehe.

"Diese klare Ausrichtung auf den inneren Sinn des Fastens und gegen die Selbstdarstellung ist insbesondere für die evangelischen Kirchen grundlegend geworden", führte Reinbold aus.

Dies habe dazu dazu geführt, dass es heute viele Möglichkeiten und Angebote zur inneren Einkehr gebe. Als Beispiel nannte er die Fastenaktion der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), die in diesem Jahr unter dem Motto "Luft holen - Sieben Wochen ohne Panik" steht. 

Die Aktion sei eine EInladung, in einer extrem angespannten und ereignissreichen Zeit voller "Bad News" durchzuatmen und Erdung und Zuversicht zu bewahren.

Fastenzeit

Die 40-tägige christliche Fastenzeit beginnt Aschermittwoch und endet am Gründonnerstag vor Ostern. Seit dem 5. Jahrhundert rückte während der Vorbereitung auf Ostern das Fasten in den Mittelpunkt. Da an Sonntagen nicht gefastet werden sollte und sie deshalb nicht als Fastentage gezählt werden, wurde der Beginn der Fastenzeit offenbar im sechsten oder siebten Jahrhundert vom sechsten Sonntag vor Ostern auf den vorhergehenden Mittwoch, den Aschermittwoch, vorverlegt.

Fastenzeit / © Tomasetti (DR)
Fastenzeit / © Tomasetti ( DR )
Quelle:
KNA