Theologe appelliert am Weltglückstag für mehr Zufriedenheit

"Spaß haben" gehört auf jede To-do-Liste

"Fun" gilt als oberflächlich, Genuss bleibt auf den Urlaub beschränkt. Fachleute halten diese Einstellung für wenig hilfreich. Allerdings erlebt man echte Freude oft anderswo als erwartet, wie ein Blick zum Weltglückstag zeigt.

Autor/in:
Paula Konersmann
Symbolbild Glückliche Menschen / © Rawpixel.com (shutterstock)
Symbolbild Glückliche Menschen / © Rawpixel.com ( shutterstock )

"Wenn das Glück kommt, muss man ihm einen Stuhl hinstellen": Der Jugendroman von Mirjam Pressler mit diesem Titel erschien vor 30 Jahren. Doch um dem Glück zu signalisieren, dass es willkommen ist und bleiben darf, muss man es erst einmal erkennen - und sich selbst Momente von unbeschwertem Genuss zugestehen. "Genießen ist eine Kunst, ja der Kern der Lebenskunst", schreibt der Theologe Rudolf Walter in seinem Buch "Genießen. Was schön ist und gut tut".

Walter: Blick nicht auf Hässliches in der Welt verengen

Spaziergängen, der Gartenarbeit oder der Musik sind darin eigene Kapitel gewidmet, aber auch dem Wein und dem Verzicht. Und gleich zu Beginn räumt Walter mit einigen Missverständnissen auf: "Wer die
Augen verschließt und den Hals nie vollkriegt, ist kein Genussmensch." Dass sich angesichts globaler Krisen viele Menschen fragen, ob Genuss überhaupt zulässig sei, ist dem langjährigen Cheflektor des Herder-Verlags durchaus bewusst. Er wirbt jedoch dafür, den Blick nicht auf das Hässliche in der Welt zu verengen.

Wer allzu viel Spaß zu haben scheint, wird mitunter jedoch kritisch beäugt. "Arbeitet der überhaupt mal?", heißt es, oder: "Die verhält sich aber kindisch." Dem widerspricht die Publizistin Catherine Price. Spaß sei nicht frivol oder egoistisch, schreibt sie in ihrem Buch "Die Macht der Freude". Und weiter: "Das Leben ist kein Nullsummenspiel. Wir können Spaß haben UND gewissenhafte Bürgerinnen und Bürger sein, die sich darum kümmern, die Welt besser zu machen".

Arbeit und Genuss kein Widerspruch sein müssten

Walter weist zudem darauf hin, dass Arbeit und Genuss kein Widerspruch sein müssten. Das Arbeitsleben sei für viele Menschen eine Quelle von Sinn. "Und wenn man in den 'Flow' kommt, kann der
Genuss gerade in der Selbstvergessenheit liegen."

Price hat 1.500 Menschen in verschiedenen Altersgruppen und Lebenssituationen gefragt, welche Erinnerungen ihnen zum Stichwort Spaß einfallen. Sie nannten zum Beispiel gemeinsames Musizieren, barfuß durch den Matsch laufen, herumalbern auf einer Pyjamaparty. "Diese Momente", schreibt Price, "haben etwas Freudiges und zugleich Bewegendes an sich. Sie zeichnen sich durch Unbeschwertheit,
Ausgelassenheit und Begeisterung aus". Diese Energie könne einem auch neue Kraft verleihen, um mit schwierigen Momenten besser fertig zu werden.

"Genießen heutzutage fast zur Pflicht verkommen"

Die beschriebenen Erinnerungen haben zudem wenig gemeinsam mit jenem unguten Gefühl, dass "das Genießen heutzutage fast zur Pflicht verkommen ist", wie Walter es nennt. Von Süßwarenproduzenten über Reiseagenturen bis zu Seniorenresidenzen lockten Anbieter alle Altersgruppen mit Genuss-Versprechen. 

Dabei gehörten zur Lebensfreude eben auch Überraschungen, mitunter sogar Widersprüche: "Anfangen und Aufhören. Das Mühselige, aber auch das Unverhoffte. Alltag und Fest",
zählt Walter auf, "Bauernbrot und Kaiserschmarrn, süße Schokolade, saure Gurken". Wem es gelinge, die Aufmerksamkeit auf diese vermeintlichen Kleinigkeiten zu lenken, der sei wahrer Freude schon ein Stück näher.

Am 20. März ist Weltglückstag, und Gina Schöler schlägt zu diesem Anlass eine Definition vor, die in eine ähnliche Richtung weist: "Glück ist, immer noch irgendwo eine kleine Portion Sand zu finden". Als "Glücksministerin" bietet sie etwa Impulsvorträge, Workshops und Coaching an. 

Gefühle wie Ohnmacht und Einsamkeit wachsen

In diesem Jahr kann man beim "Ministerium für Glück und Wohlbefinden" ein Puzzle bestellen und zum Beispiel einzelne Teile, mit Komplimenten beschriftet, an liebe Menschen verteilen. Momentan verbreiteten sich Gefühle wie Ohnmacht und Einsamkeit, heißt es zur Erklärung, Menschen fühlten sich hilflos oder nicht zugehörig. Die Aktion solle deutlich machen: "Jede:r von uns ist wichtig und ein Teil des großen Ganzen".

Ungehemmte Freude geht laut Price stets mit einem Gefühl von Verbundenheit einher. Menschen fühlten sie etwa dann, wenn sie gemeinsam mit anderen etwas Besonderes erlebten, aber auch in der Nähe zur Natur, zum Haustier oder wenn man den eigenen Körper bewusst spüre. Insofern ermutige Spaß dazu, sich mit anderen und mit der Welt zu verbinden. Der Tipp der Autorin passt auch, aber nicht nur zum Weltglückstag: "Nehmen Sie sich vor, jeden Tag irgendetwas nur zum Spaß zu tun". 

Quelle:
KNA