Terrorverdacht in Straßburg - mehrere Tote

"Ein Tag der Trauer"

In Straßburg hat ein Mann in der Nähe eines Weihnachtsmarkts mehrere Menschen erschossen. Die Polizei geht von einem Terroranschlag aus. Die Französische Bischofskonferenz verurteilte die Tat. 

Angriff nahe Weihnachtsmarkt in Straßburg / © aptn/AP (dpa)
Angriff nahe Weihnachtsmarkt in Straßburg / © aptn/AP ( dpa )

Man sei in Gedanken bei den Opfern und den Hinterbliebenen, twitterte der Sprecher der Bischofskonferenz, Olivier Ribadeau Dumas in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch. Der mutmaßliche Anschlag sei eine "niederträchtige Tat". 

 

 

Am Dienstagabend hatte ein bewaffneter Mann auf dem Weihnachtsmarkt im Zentrum der elsässischen Metropole drei Menschen erschossen und mindestens zwölf weitere zum Teil schwer verletzt. Die Polizei vermutet einen terroristischen Hintergrund aus und fahndet mit einem Großaufgebot nach dem geflüchteten Täter.

Der vermutlich radikalisierte Mann soll nach Medienberichten vor seiner Flucht von Soldaten verletzt worden sein. Nach Informationen des Senders France Info entkam er mit einem Taxi, das er gestohlen hatte. Etwa 350 Einsatzkräfte und mehrere Hubschrauber seien an der Fahndung beteiligt, sagte Innenminister Castaner.

"Tag der Trauer für Straßburg"

Straßburgs Bürgermeister Roland Ries bestätigte am Morgen im Radiosender Europe 1, dass der mutmaßliche Täter immer noch gesucht werde. Auf die Frage, ob der Mann ins benachbarte Deutschland geflüchtet sein könnte, antwortetet Ries: "Die Grenze ist im Prinzip geschlossen." Es sei aber alles möglich, falls der Tatverdächtige ein Auto habe. Die Bundespolizei erklärte, es gebe Kontrollen an vier Grenzübergängen nach Frankreich. Bürgermeister Ries sagt, für die Stadt beginne ein Tag der Trauer. Der Weihnachtsmarkt werde geschlossen bleiben. Die drei Opfer des Mannes seien brutal getötet worden.

Frankreich ist in den vergangenen Jahren immer wieder Ziel von islamistisch motivierten Terroranschlägen geworden, die fast 250 Menschen das Leben kosteten. Auch diesmal übernahmen wieder Anti-Terror-Spezialisten der Pariser Staatsanwaltschaft die Ermittlungen. Die Untersuchung wurde unter anderem dem Inlandsgeheimdienst DGSI übergeben, wie Justizkreise der Deutschen Presse-Agentur in Paris bestätigten. Castaner war in der Nacht in Straßburgeingetroffen.

Höchste Sicherheitswarnstufe

Frankreichs Regierung ließ nach dem Anschlag die höchste nationale Sicherheitswarnstufe ausrufen. Das bedeute verstärkte Kontrollen an den Grenzen des Landes, erläuterte Castaner. Auch Weihnachtsmärkte würden stärker kontrolliert. Der mutmaßliche Täter sei bereits wegen Delikten in Frankreich und Deutschland verurteilt worden, sagte Castaner.

Unter den bei dem Attentat getöteten ist ein 45 Jahre alter Tourist aus Thailand, wie das Außenministerium in Bangkok bestätigte. Er sei zusammen mit seiner Frau zu einem Urlaub in Frankreich gewesen. Das Paar war erst wenige Stunden zuvor eingetroffen. Die Frau blieb dem Ministerium zufolge unverletzt. Nach Medienberichten starb der Thailänder durch einen Schuss in den Kopf. Auch das Auswärtige Amt in Berlin bemühte sich um Informationen über Opfer in Straßburg, da der Weihnachtsmarkt auch bei Deutschen sehr beliebt ist.

Mutmaßlicher Täter polizeibekannt 

Der Verdächtige hatte nach Angaben der Präfektur gegen 20 Uhr nahe dem Weihnachtsmarkt der Elsass-Metropole das Feuer eröffnet. Castaner beschrieb den genauen Tatort nicht näher und sagte lediglich, der Täter habe an drei verschiedenen Orten in der Stadt "Terror" verbreitet. 

Der mutmaßliche Täter hätte einem Medienbericht zufolge eigentlich schon am Dienstagmorgen verhaftet werden sollen. Wie France Info unter Berufung auf Polizeiquellen berichtete, war er jedoch nicht zu Hause. Demnach wird dem 29-Jährigen versuchter Mord vorgeworfen. Bei der Durchsuchung seiner Wohnung Stunden vor den Schüssen sollen Granaten gefunden worden sein, wie France Info und die Zeitung "Le Parisien" berichteten.

"Solidarität der gesamten Nation"

Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron berief in Paris eine Krisensitzung ein. Er beriet sich am frühen Mittwochmorgen unter anderen mit Premierminister Édouard Philippe und Verteidigungsministerin Florence Parly. "Solidarität der gesamten Nation für Straßburg, unsere Opfer und ihre Familien", schrieb Macron auf Twitter.

 

 

In Straßburg öffnen die kulturellen Einrichtungen der Stadt am Mittwoch nicht, wie es in einer Mitteilung der Stadt hieß. Der Unterricht sollte am Mittwoch an Grundschulen und Vorschulen ausgesetzt werden. Eltern wurde geraten, ihre Kinder zu Hause zu lassen, wie die Präfektur mitteilte. An weiterführenden Schulen und Hochschulen sollte der Unterricht stattfinden.

Auch das Europaparlament in Straßburg wurde zwischenzeitlich abgeriegelt. Über Stunden hinweg durfte niemand das Gebäude verlassen, Mitarbeiter wurden per Handy-Kurznachricht und Mail gewarnt. Erst am frühen Mittwochmorgen durften sich Abgeordnete und Mitarbeiter auf den Heimweg machen.

Beileidsbekundungen aus dem Ausland

Außenminster Heiko Maas zeigte sich am Morgen schockiert von den Ereignissen in Straßburg.

 

 

Regierungssprecher Steffen Seibert hatte sich auf Twitter ebenso "erschüttert über die schreckliche Nachricht" aus Straßburg gezeigt. "Welches Motiv auch immer hinter den Schüssen steckt: Wir trauern um die Getöteten und sind mit unseren Gedanken und Wünschen bei den Verletzten." und auch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker äußerte sich auf Twitter. Straßburg sei eine symbolische Stadt für den Frieden und die europäische Demokratie. "Werte, die wir immer verteidigen werden." Die EU-Kommission stehe an der Seite Frankreichs.

 

 

Grenzkontrollen werden verstärkt

Am deutsch-französischen Grenzübergang kontrollierte die Polizei am Abend Autos, die von Deutschland nach Frankreich fuhren, wie eine dpa-Reporterin berichtete. "Wir verstärken (...) aktuell die Kontrollen an der deutsch-französischen Grenze in diesem Bereich", teilte die Bundespolizei Baden-Württemberg auf Twitter mit. Später twitterte sie, dass der Verkehr einer grenzüberschreitenden Straßenbahn eingestellt worden sei. "Sofern möglich vermeiden Sie bitte aktuell den Grenzübertritt im Bereich Kehl", hieß es weiter.

Zusammen mit dem Weihnachtsmarkt in Dresden zählt der Straßburger Weihnachtsmarkt zu den ältesten Europas. Der "Christkindelsmärik» wurde 1570 erstmals erwähnt. Er sollte schon einmal Ziel eines Attentats sein: Im Jahr 2000 wurde ein geplanter Sprengstoffanschlag einer algerischen Gruppe rechtzeitig verhindert.


Quelle:
KNA , dpa