Taufpastor von Punk-Sängerin Nina Hagen würdigt Geburtstagskind

"Eine Art Grundglaube gespürt"

Die "Godmother" des Punk feiert ihren 70. Geburtstag. Mindestens so wichtig wie die Musik ist der Sängerin ihr Glaube. 2009 ließ sie sich taufen, vom Pastor Karl Terhorst, der bis heute in gutem Kontakt zu Nina Hagen steht.

Nina Hagen singt nach einem Interview auf dem "Roten Sofa" der Kirchenpresse auf dem evangelischen Kirchentag in Hamburg. / © Norbert Neetz (epd)
Nina Hagen singt nach einem Interview auf dem "Roten Sofa" der Kirchenpresse auf dem evangelischen Kirchentag in Hamburg. / © Norbert Neetz ( epd )

DOMRADIO.DE: Nina Hagen ist damals nach einem TV-Bericht auf Sie und Ihre Frau aufmerksam geworden, weil Sie Deserteuren des Irakkriegs Unterkunft angeboten hatten. Wie haben Sie Nina Hagen und deren Glauben wahrgenommen?

Karl Terhorst (Ehemaliger Pastor der evangelisch-reformierten Kirche in Lage): Zunächst einmal hat sie diese Friedensbewegung massiv unterstützt. Es handelte sich immerhin um Deserteure, amerikanische Deserteure, es war alles nicht ganz ungefährlich, sehr genau vom CIA ins Visier genommen. 
Zum Beispiel hat sie 2006 zu Weihnachten ein riesiges Benefizkonzert in Schüttorf gegeben, in der Nähe der holländischen Grenze. Das war der Punkt des Pazifismus.

Genau drei Jahre später rief sie mich an und sagte: "Kalle, ich will mir von dir taufen lassen." Das hat mich sehr gefreut und wir haben uns getroffen. Sie hatte sich vorher erkundigt, dass wir evangelisch-reformierte Christen sind. 

Wir haben eine sehr starke Basisdemokratie. Wir gehören zur evangelischen Kirche Deutschlands, sind eine Landeskirche, aber eine kleine Kirche und unsere Gemeinden werden von unten organisiert. Pastorinnen und Pastoren werden von der Basis gewählt. 

Ich habe auch Katechese mit ihr betrieben. Sie hat sich sehr gründlich informiert und ich war erstaunt, wie viel sie überhaupt wusste. Sie hatte vor allen Dingen Bibelkenntnisse, sodass ich sie wirklich getrost taufen konnte.

Karl Terhorst

"Sie hatte vor allen Dingen Bibelkenntnisse, sodass ich sie wirklich getrost taufen konnte."

DOMRADIO.DE: Mussten Sie das mit Ihrem Vorgesetzen besprechen? Eine sehr prominente Frau, da könnte es ja sein, dass irgendjemand von einem PR-Gag ausgeht.

Terhorst: Wir haben das innerhalb des Kirchenrats kommuniziert. Da gab es überhaupt keine Probleme. Im Gegenteil, man war richtig begeistert. Auf der anderen Seite haben wir es auf kleiner Flamme gekocht. Wir wollten keine Show daraus machen. 

Sie war ganz einfach angezogen, es wurden noch ein paar andere Kinder getauft. Es war einfach eine Taufe. Trotzdem hat es sich herumgesprochen. Es kamen mehr Leute als sonst sonntags: Wir sind immer gut besucht, aber diesmal waren es an die 500. Dann hat irgendjemand ein Foto an die Bildzeitung geschickt, was wir eigentlich nicht wollten. Aber dann war ein Riesenaufmacher in der Bildzeitung.

DOMRADIO.DE: Da könnte man wieder an einen PR-Gag denken. Aber Sie haben Nina Hagen tatsächlich als sehr überzeugte und im Glauben feststehende Christin erlebt?

Terhorst: Sie war selber völlig überrascht von dieser Art der Öffentlichkeit. Aber sie hat das genutzt, um zu erklären, woran sie glaubt. Das haben auch die vielen Jahre bewiesen, dass sie unserer Kirche, der evangelisch reformierten Kirche, treu geblieben ist. Sie besucht sowohl in Berlin als auch jetzt in Hamburg Gottesdienste, sie postet ständig christliche Texte oder singt Gospelsongs.

DOMRADIO.DE: Nina Hagen stammt aus einem atheistischen Elternhaus. Hat sie Ihnen im Laufe der Jahre erzählt, wie sie zum christlichen Glauben gekommen ist?

Terhorst: Das war ein ganz schöner Umweg. Sie war in Indien und dort ganz anders glaubensmäßig motiviert. Ich habe auch ihre Mutter kennengelernt, eine wirklich warmherzige, tolle Frau.

Ich habe gespürt, dass da eine Art Grundglaube ist. Das muss nicht immer gleich in einer bestimmten Bahn sein, aber es war schon in ihr verankert. Richtig zum Erblühen gekommen ist es, weil sie sich mit der Bibel und ganz besonders mit Jesus Christus beschäftigt hat und gemerkt hat: Das ist mein Weg und den will ich gehen. Als sie mich dann kennenlernte, hatte sie gleich den richtigen Pastor in der Hand, der auch ein bisschen anders, aufrührerisch und engagiert ist.

DOMRADIO.DE: Sie sind heute pensioniert und haben ein pastorales Ehrenamt. Haben Sie weiterhin Kontakt, kommt Nina manchmal zu Ihnen in den Gottesdienst oder tauschen Sie sich noch weiter über den Glauben aus?

Terhorst: Nein, das nicht. Aber wir telefonieren viel miteinander und planen immer mal wieder ein Treffen.

Karl Terhorst

"Sie kann Kindern und auch Erwachsenen so einfach den Glauben weitergeben. Das ist sehr authentisch."

DOMRADIO.DE: Haben Sie sich als Pastor etwas abgucken können für Ihren Glauben von Nina Hagen?

Terhorst: Das würde ich wohl so sagen. Ich finde ihre Spontanität ganz toll und diese Naivität im guten Sinne, wie Ricoeur das mal gesagt hat, die symbolische Naivität. Sie kann Kindern und auch Erwachsenen so einfach den Glauben weitergeben. Das ist sehr authentisch. 

Eine Zeit nach der Taufe ist sie ein paar Mal wiedergekommen und hat Konzerte gegeben. Da hat sie sich einfach mit ihrer Gitarre hingestellt, als Frontfrau, wie sie immer so ist, und hat ein paar Lieder gesungen. Sie konnte spontan eine kleine Predigt halten.

Ich rede auch frei und mache das auch so. Bei uns sind die Gottesdienste, vor allen Dingen die Abendgottesdienste, richtig gut besucht. Wir haben in unserem kleinen Ort sogar Kircheneintritte und Umpfarrungen. Es ist eine Kirche im Wachstum. Das habe ich auch von Nina Hagen.

DOMRADIO.DE: Was wünscht der Pastor der evangelisch reformierten Kirche in Lage Nina Hagen zu ihrem heutigen 70. Geburtstag?

Terhorst: Gratuliert habe ich ihr gestern Nacht schon und tu das jetzt nochmal. Was ich ihr vor allen Dingen wünsche, ist den Segen eines Gottes der Liebe, der Liebe in Jesus Christus, wo alles so lebendig geworden ist. Diese Lebendigkeit und die Kraft dieses Glaubens, die wünsche ich ihr weiterhin.

Quelle:
DR

Die domradio- und Medienstiftung

Unterstützen Sie lebendigen katholischen Journalismus!

Mit Ihrer Spende können wir christlichen Werten eine Stimme geben, damit sie auch in einer säkulareren Gesellschaft gehört werden können. Neben journalistischen Projekten fördern wir Gottesdienstübertragungen und bauen über unsere Kanäle eine christliche Community auf. Unterstützen Sie DOMRADIO.DE und helfen Sie uns, hochwertigen und lebendigen katholischen Journalismus für alle zugänglich zu machen!

Hier geht es zur Stiftung!