Taube als zentrales Symbol für den Pfingstgeist

Ein schillernder Vogel

Pfingsten ist ein schwieriges Fest. Zu Weihnachten geht es um die Geburt eines göttlichen Kindes in einem ärmlichen Stall, zu Ostern um Verrat, Tod und wundersame Auferstehung eines Wanderpredigers, das sind dramatische Ereignisse. Doch mit der Herabkunft des Heiligen Geistes tun sich selbst Gläubige schwer. Bilder müssen herhalten, um das Pfingstereignis zu begreifen.

Autor/in:
Lisa Lay
 (DR)

Zentrales Symbol für den Heiligen Geist ist die Taube, obwohl das Tier in der biblischen Pfingsterzählung gar nicht vorkommt. Dort ist vielmehr von einem Brausen und von Feuerszungen die Rede.

In der Antike und im Judentum stand die Taube für Sanftmut und Liebe. Man glaubte, der Vogel habe keine Gallenblase und sei daher frei von allem Bitteren und Bösen. Das Alte Testament erzählt, wie Noah von seiner Arche aus eine Taube aussendet. Sie kehrt nach einiger Zeit mit einem Palmzweig im Schnabel zurück und verheißt damit Hoffnung auf trockenes Land nach der Sintflut. Bei der Taufe Jesu erschien nach dem Zeugnis der Evangelien eine Taube am Himmel.

"Die Taube ist treu und heimisch", betont der Nürnberger Taubenzüchter Karlheinz Sollfrank. "Sie lebt in einer Einehe und bleibt mit ihrem Partner ihr ganzes Leben lang zusammen, wenn man sie nicht zwanghaft trennt." Josef Riedl, Pfarrer in Ebersberg bei München, ergänzt: "Die Taube ist kein Raubvogel sondern ein friedliches Tier." Sie sei der Vogel der Könige, weil sie die Fähigkeit der Orientierung besitze und deshalb dazu tauge, Botschaften zu überbringen. Riedl räumt aber auch ein, dass das abstrakte pfingstliche Geschehen den Prediger ganz anders fordere als etwa am Heiligen Abend.

Pfingst-Spektakel in der Barockzeit
Die Barockzeit kannte noch regelrechte Pfingst-Spektakel: Lebendige Tauben wurden in den Kirchen freigelassen, oder man ließ eine hölzerne Taubenfigur über den Köpfen der Gläubigen durch eine Öffnung in der Kirchendecke herunter. Mit Weihrauch und Gebet empfing die Gemeinde das herabschwebende Heilig-Geist-Symbol. "Man suchte nach Bildern, Inszenierungen und Zeichen, um eine sonst nicht wahrnehmbare Wirklichkeit darzustellen", erklärt Riedl. Heute wird der Brauch nicht mehr gepflegt.

Im Innern der St. Sebastians-Kirche in Ebersberg ist trotzdem noch eine solche Öffnung, das sogenannte Heiliggeistloch, zu finden. Der Schacht im Gewölbe hat einen Durchmesser von rund 80 Zentimetern und ist mit einem Holzdeckel verschlossen. "Im Sommer dient das Loch als Belüftungsschacht, im Winter hängen wir darin an einer Seilwinde den Adventskranz auf", erzählt der Priester. Wie lange das sogenannte Heiliggeistschwingen nicht mehr in Ebersberg praktiziert wird, weiß Riedl nicht, er ist erst seit 2002 dort Seelsorger. Heute gibt es in seiner Pfarrei an Pfingsten einen ganz normalen Gottesdienst. Nur die Kirchenmusik ist festlicher als sonst.

Heute ein Imageproblem
In der Öffentlichkeit hat die Taube heute ein Imageproblem. Als "Ratte der Lüfte", die nicht nur Krankheiten verbreitet, sondern mit ihrem ätzenden Kot auch vor Kathedralen nicht Halt macht, wird sie inzwischen nicht nur von Gesundheitsämtern, sondern auch Dombauhütten und Denkmalschützern argwöhnisch verfolgt und mit stacheligen Schutzgittern vertrieben. Doch das ficht Taubenfreund Sollfrank nicht an. Er hat dem Tier ein eigenes Museum gewidmet. Rund 120.000 Exponate umfasst seine Sammlung, die nur ein Thema hat:die Taube.

Im Keller seines Hauses in einem Nürnberger Wohngebiet sind auf 600 Quadratmetern neben unzähligen Porzellan- und Keramikfiguren auch Bilder, Zeichnungen, Gemälde, Medaillen, Zigarrenbinden und vieles mehr zu sehen. Bis heute interessierten sich viele Menschen für die Taube, verrät Sollfrank. "Die kommen aus allen Berufssparten und von überallher." Er kenne Pfarrer und Ordensbrüder, die diesem Hobby frönten. Sogar Papstbruder Georg Ratzinger habe ihm vor einiger Zeit erzählt, dass auch seine Familie früher Tauben gezüchtet habe.