Tag der Kinderhospizarbeit - Erstes Hospiz für Jugendliche eröffnet

Einfühlsame Begleiter auf dem letzten Lebensweg

Mit Aktionen in zahlreichen Städten wird heute zum vierten Mal der bundesweite "Tag der Kinderhospizarbeit" begangen. Er soll auf die Situation tödlich erkrankter Kinder und ihrer Familien aufmerksam machen und Themen rund um Tod und Sterben in eine breite Öffentlichkeit tragen. Im Mittelpunkt stehen in diesem Jahr die schwer kranken Jugendlichen. Für sie wurde nun im sauerländischen Olpe das erste deutsche Hospiz eröffnet.

Autor/in:
Sabine Damaschke
 (DR)

Zufrieden geht Michael Schöler durch das neue Haus. Große Fenster lassen viel Sonne herein, die Einrichtung ist hell und freundlich. In den Jugendzimmern stehen Fernseher, Computer und Musikanlage. Auch wenn sein Sohn Kai sich nicht mehr selbst vor den PC setzen kann: Ihm wird das Zimmer gefallen, davon ist Michael Schöler überzeugt. Also hat er nicht lange gezögert und seinen 21-jährigen Sohn im neuen Jugendhospiz im sauerländischen Olpe angemeldet. Im Mai wird Kai zwei Wochen lang in dem gerade eröffneten Haus wohnen, der ersten Einrichtung dieser Art für unheilbar kranke Jugendliche in Deutschland.

"Wir haben schon länger auf dieses Jugendhospiz gewartet", erzählt der 47-jährige Vater. "Für Kai ist ein Kinderhospiz einfach zu kindlich, zu bunt und zu laut." Das empfänden auch viele andere Jugendliche so. "Sie brauchen räumlich mehr Rückzugsmöglichkeiten und eine andere Begleitung, die auf ihre vielen Fragen und Bedürfnisse eingeht", beobachtet Schöler.

"Wir müssen die Jugendlichen stärker in den Blick nehmen"
Vor sieben Jahren, als bei Kai die seltene Stoffwechselerkrankung MLD - metachromatische Leukodystrophie - diagnostiziert wurde, habe er sich schon intensiv mit dem Thema Sterben und Tod beschäftigt. "Die letzten Worte, bevor er seine Sprache verlor, war die Frage, warum ausgerechnet er so leiden muss und wann er denn wohl sterben muss", sagt Kais Vater. Heute kann sein Sohn nicht mehr sprechen, laufen und sehen. Über eine Magensonde wird er künstlich ernährt.

"Wir müssen die Jugendlichen stärker in den Blick nehmen", meint Margret Hartkopf. Die Vorsitzende des Deutschen Kinderhospizvereins in Olpe will dazu auch den bundesweiten Tag der Kinderhospizarbeit am Dienstag nutzen. Seit 2005 ruft ihr Verband jedes Jahr am 10. Februar zur Solidarität mit den rund 22.500 unheilbar kranken Kindern und Jugendlichen in Deutschland und ihren Familien auf. Eine Aktion, die sich gelohnt hat: "Unsere Arbeit ist stetig gewachsen und durch diesen Tag auch immer bekannter geworden", resümiert Hartkopf.

Bundesweit acht Kinderhospize
Mit bundesweit acht Kinderhospizen und 62 ambulanten Diensten gibt es in Deutschland mittlerweile ein breites Hilfsangebot. "19 Jahre nach der Gründung der Kinderhospizvereins und elf Jahre nach der Eröffnung des ersten Kinderhospizes in Olpe durch die Gemeinschaft der Franziskanerinnen ist unsere Arbeit in Politik und Gesellschaft angekommen", sagt die Vorsitzende. Daher finde die zentrale Veranstaltung des bundesweiten Aktionstages diesmal im Düsseldorfer Landtag statt.

Auch hier will Hartkopf für eine Unterstützung der Jugendhospizarbeit werben. "Heute erreichen immer mehr Kinder aufgrund der guten medizinischen Betreuung das Jugendalter", sagt die 52-jährige Vorsitzende, die selbst Mutter einer mehrfach behinderten, erwachsenen Tochter ist. "Sie brauchen einfühlsame Begleiter, die auf ihre Fragen nach dem Sinn des Lebens und des Sterbens eingehen und ihren Wunsch nach Selbstständigkeit ernst nehmen." Das gelte für die ambulanten Dienste ebenso wie für das stationäre Hospiz.

Spender gesucht
In der neuen Jugendeinrichtung in Olpe wird es daher statt kreativer Angebote mehr Gesprächstherapie geben, kündigt Leiter Rüdiger Barth an. Er will die 35 angestellten und 20 ehrenamtlichen Mitarbeiter des Kinderhospizes Balthasar, auf dessen Gelände das neue Haus entstand, entsprechend fortbilden. Vier weitere Pflegekräfte und ein Pädagoge wurden eingestellt. In dem rund 1.200 Quadratmeter großen Jugendhospiz können vier Jugendliche gleichzeitig betreut werden. Drei Zimmer stehen Angehörigen, Freunden oder auch Partnern zur Verfügung.

Rund 1,9 Millionen Euro kostete das neue Haus nach Angaben des 49-jährigen Hospizleiters. Davon stammen 500.000 Euro von der Stiftung Deutsches Hilfswerk und 400.000 Euro von der Stiftung Wohlfahrtspflege. Der laufende Betrieb soll sich künftig über zwei Drittel durch Spenden finanzieren. Jedes Jahr benötigt das Hospiz über eine Million Euro. "Betriebswirtschaftlich ist das ein Risiko", sagt Barth. "Aber wir sind zuversichtlich, dass wir genug Spender finden, die das Jugendhospiz mittragen werden."

Das hofft auch Michael Schöler. "Ein Hospiz ist für die Familien ein Zuhause auf Zeit", sagt der Verwaltungsangestellte, der neben Kai noch drei weitere Kinder hat. Seit fünf Jahren wohnt sein Sohn regelmäßig für einige Zeit im Kinderhospiz Balthasar. Oft wird er von seinen Eltern und Geschwistern begleitet. "Wir fühlen uns alle dort gut aufgehoben", sagt der Vater. Doch nun sei es Zeit, dass sich Kai auch im Hospiz als Jugendlicher erleben könne. "Schließlich war er schon vor Ausbruch der Krankheit ein ganz normaler Teenie, der am PC gespielt, Popmusik gehört und Sport gemacht hat."