Syriens Opposition besorgt um Jesuitenpater

Regimekritiker verschollen

Die syrische Opposition macht sich große Sorgen um einen italienischen Jesuitenpater, der im Rebellengebiet verschwunden ist und ruft die Bevölkerung zu Hinweisen über seinen Verbleib auf. Auch Papst Franziskus ist beunruhigt.

Syrien: gespaltene Nation (dpa)
Syrien: gespaltene Nation / ( dpa )

Die Nationale Syrische Koalition erklärte am Samstag in Istanbul: "Wir rufen alle Parteien, die mit dem Verschwinden von Pater Paolo Dall'Oglio zu tun haben, auf, sich sofort zu melden und ihn freizulassen."

Papst Franziskus bekundete am Mittwoch seine Sorge über den mutmaßlich entführten Jesuitenpater. Er denke an Paolo Dall'Oglio, sagte der Papst laut italienischen Medien bei einer Messe zum Fest seines Ordensgründers Ignatius von Loyola in Rom. Der Ordensgeneral der Jesuiten, Adolfo Nicolas, sagte am Rande der Feier, er habe keine direkten Nachrichten über den Verbleib von Dall'Oglio. Nicht einmal der Provinzobere der Jesuiten im Nahen Osten wisse Näheres, so Nicolas.

Die Ostkirchenkongregation im Vatikan erinnerte auch an zwei Bischöfe und zwei Priester, die in den vergangenen Monaten entführt wurden. Die Mitglieder der Kongregation bäten Gott um ein Ende des syrischen Bürgerkrieges, "und dass der Frieden für das geliebte Syrien und für alle Völker des Nahen Ostens wiederhergestellt werde".

Seit 30 Jahren in Syrien

Der italienische Jesuit wurde am Sonntag nach bisher unbestätigten Angaben syrischer Oppositioneller von Kämpfern des Al-Kaida-Netzes entführt. Es gibt jedoch auch Stimmen, die eine Entführung bestreiten. Dall'Oglio arbeitet seit 30 Jahren in Syrien und wurde im vergangenen Jahr wegen seiner regimekritischen Haltung von der Regierung von Präsident Baschar al-Assad ausgewiesen. Vor einigen Wochen kehrte er jedoch in das Bürgerkriegsland zurück. Dort leitete er zuletzt das Kloster Dair Mar Musa al-Habaschi nördlich von Damaskus. Er setzte sich unter anderem für den Dialog mit Muslimen ein. Der Pater wurde zuletzt in der nördlichen Provinz Al-Rakka gesehen, die von Islamisten-Brigaden kontrolliert wird

Ordensgeneral Nicolas bezeichnete eine mögliche Entführung durch Islamisten als "anormale Situation". Es wäre viel logischer, wenn der Jesuit von Regierungstruppen gekidnappt worden wäre, "denn Pater Dall'Oglio hat immer die Opposition verteidigt".

Papst Franziskus gehört selbst dem Jesuiten-Orden an. Die Messe am Festtag des Ordensgründers feierte der Papst gemeinsam mit rund 270 Jesuitenpatres in der Kirche Il Gesu. Dort werden die sterblichen Überreste von Ignatius aufbewahrt.

Dall´Oglio: Die Christen haben Angst

Pater Dall´Oglio war sich über die Gefahren in Syrien bewusst. So hatte er nach seiner Ausweisung aus Syrien im vergangenen Jahr erklärt, die Christen in Syrien seien in ernster Gefahr. "Die Christen haben nun Angst", sagte Dall'Oglio bei einer Podiumsdiskussion in Washington. Sie wüssten nicht, wem sie noch vertrauen könnten.

Das Assad-Regime versuche seit Jahren, die Christen an sich zu binden. Dabei schüre es vor allem die Angst vor Islamisten. Gleichzeitig aber griffen Assads Truppen christliche Gemeinden an, etwa in Homs. Kirchen seien zerstört und rund 150 000 Christen vertrieben worden, sagte Dall'Oglio. Wie stark die Loyalität der syrischen Christen gegenüber Assad ist, sei schwer zu sagen. Das mache sie aber zu Angriffszielen der Oppositionellen.

 


Quelle:
dpa , KNA