Sylvia Löhrmann zur Ernennung des neuen Kölner Erzbischofs

"Wir brauchen eine zugewandte Kirche"

Das Erzbistum Köln spielt nicht nur innerhalb der katholischen Kirche eine bedeutende Rolle, sondern auch in Gesellschaft und Politik. Was sagt Sylvia Löhrmann, stellvertretende Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen, zum neuen Erzbischof?

Sylvia Löhrmann (dpa)
Sylvia Löhrmann / ( dpa )

domradio.de: Sie haben da, so wie es sich andeutet und so wie er sich heute geäußert hat und so wie er sich in Berlin engagiert hat, in Rainer Maria Kardinal Woelki in vielen Dingen einen guten Partner, was Ihre Politik und was Ihre Anliegen angeht. 

Löhrmann: Ja, das glaube ich auch. Es natürlich erstmal schön, dass jemand nach Köln auch zurückkehrt, dass jemand Köln wie seine Westentasche kennt, weiß, wie die Menschen dort aufgestellt sind, wie sie ticken. Alle Punkte, die wir gerade auch gehört haben - Ökumene, aber auch die soziale Frage - das ist natürlich gut in einer Gesellschaft, die ja nun immer heterogener wird. Da freuen wir uns auf die Zusammenarbeit.

domradio.de: Sie sind ja auch Mitglied im Zentralkomitee der deutschen Katholiken. Welche Rolle spielt denn eigentlich die Kirche noch, oder kann oder soll sie spielen innerhalb der Gesellschaft?

Löhrmann: Die Rolle der Kirche ist zurückgegangen in den letzten Jahrzehnten, das kann man, muss man, glaub ich, auch feststellen und muss dann überlegen, warum ist das so. Und welche Rolle sollte die Kirche spielen? Ich persönlich finde ja immer, dass die Frage der Barmherzigkeit - was der Papst ja auch sagt und zum Ausdruck bringt und deutlich macht, wo er hingeht und wo er nicht hingeht - dass das der Kirche sehr, sehr gut tut. Und ich wünsche mir, dass Kardinal Woelki da anknüpft und da Zeichen setzt und das auch lebt, diese Haltung, bei den Menschen zu sein, nah bei den Menschen zu sein. Das ist, glaub ich, ganz, ganz wichtig.

domradio.de: Was für ganz konkrete Erwartungshaltungen haben Sie denn? Was brennt denn da unter den Nägeln bei Ihnen als engagierte Christin und Politikerin?

Löhrmann: Die Kirche muss zur Kenntnis nehmen dass die Gesellschaft sich einfach verändert hat, dass sie Vielfalt lebt und dass Vielfalt einfach heute ganz anders zum Ausdruck kommt und sich auch zeigt. Ob das nicht verheiratete Paare sind, ob das die Frage von Schwulen und Lesben ist, ob das die Zuwanderung ist - da ist es natürlich wichtig, dass die Kirche nicht sich irgendwie anpasst und ihre Prinzipien aufgibt, das wäre zu viel verlangt, aber dass sie keinen Unterschied macht, wenn es drauf ankommt, einfach gnädig zu sein und wohltätig zu sein. So hab ich die Botschaft Jesu Christi verstanden und das ist etwas, was die Kirche leben muss und was auch Repräsentanten der Kirche leben müssen.

domradio.de: Und da sind Sie bei dem neu ernannten Erzbischof guter Dinge, dass da in dieser Richtung viel passieren wird. 

Löhrmann: Ja, das hat er zum Ausdruck gebracht. Ich hab ihn persönlich erlebt, da wusste ich das noch gar nicht, in Berlin bei einer Messe, wo er mit einer sehr multikulturellen Klasse die Messe auch gestaltet hat und er sehr zugewandt mit den Kindern und Jugendlichen umgegangen ist. Das hat mir sehr, sehr gut gefallen und darüber habe ich mich gefreut. Ich glaube, solche Begegnungen zeigen eben auch eine weltoffene Kirche, eine zugewandte Kirche. Das ist das, was Köln auch sehr gut gebrauchen kann.

domradio.de: Wie oft ist denn eigentlich so ein Erzbischof in Düsseldorf bei der Landesregierung? Wie vernetzt sind Kirche und Staat?

Löhrmann: Es gibt einen geregelten Austausch, den führen wir mit allen Kirchen selbstverständlich. Es gibt alle zwei Jahre ein Abendessen gemeinsam mit den Repräsentanten der katholischen Kirche und dem gesamten Kabinett. Und dann gibt es natürlich auf der Arbeitsebene einen Austausch, etwa was schulpolitische Fragen angeht, was die Inklusion angeht. Da sind natürlich die katholischen Schulen genauso gefragt wie unsere staatlichen Schulen. Da gibt es eine ganz geordnete Zusammenarbeit. Und das ist auch richtig so, ohne dass man sich gegenseitig überfordert oder zu viel verlangt von der anderen Seite, so will ich das mal sagen. Mir hat auch gefallen, dass der Kardinal heute gesagt hat, er wolle den interreligiösen Dialog pflegen. Wir haben eine wachsende Zahl von muslimischen Gläubigen in unserem Land. Und das ist dann auch gut, wenn da auf Augenhöhe kommuniziert wird.

domradio.de: Sie waren bei der Verabschiedung seines Vorgängers, Joachim Kardinal Meisner, hier in Köln. Sie werden vielleicht auch im September dabei sein, wenn er eingeführt wird, der neue Erzbischof. Nochmal so von Ihrem Blickwinkel auch als Christin, als Mitglied des Zentralkomitees der deutschen Katholiken: Findet da auch so ein bisschen ein Paradigmenwechsel in Köln statt?

Löhrmann: Ja, das wünsche ich mir. Obwohl der Abschied von Herrn Meisner auch sehr freundlich war, gab es ja immer mal wieder Konflikte. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit dem neuen Kardinal und gratulier ihm auch nochmal ganz, ganz herzlich zu seiner Ernennung.

Das Gespräch führte Stefan Quilitz.


Quelle:
DR