Archäologe Heinrich Schliemann vor 200 Jahren geboren

Suche nach dem Gold von Troja

Homer wies ihm den Weg: Heinrich Schliemann gilt als Entdecker Trojas und brachte den "Schatz des Priamos" wieder ans Tageslicht. Der Hobby-Archäologe griff zu rabiaten Methoden. Vor 200 Jahren wurde er geboren.

Autor/in:
Christoph Arens
Büste mit dem Abbild von Heinrich Schliemann in Schwerin / © Joaquin Ossorio Castillo (shutterstock)
Büste mit dem Abbild von Heinrich Schliemann in Schwerin / © Joaquin Ossorio Castillo ( shutterstock )

"Sage mir, Muse, die Taten des vielgewanderten Mannes, / Welcher so weit geirrt, nach der heiligen Troja Zerstörung..." Homers Epos vom Trojanischen Krieg, das um 700 vor Christus entstand, hat die Menschen seit der Antike fasziniert. Auch Heinrich Schliemann ließ sich schon als Kind von Odyssee und Ilias begeistern. 1870 nahm der Self-Made-Archäologe den antiken Dichter beim Wort und begann mit Ausgrabungen an der türkischen Westküste, wo er die Überreste Trojas vermutete.

Karriere als Geschäftsmann

Schliemann entstammte einer Pfarrersfamilie aus dem mecklenburgischen Neubukow, in die er vor 200 Jahren, am 6. Januar, 1822 als fünftes von neun Kindern hineingeboren wurde. Weil sein Vater den höheren Schulbesuch nicht finanzieren konnte, begann Heinrich eine kaufmännische Lehre und machte Karriere als Geschäftsmann.

Ein Leben wie im Roman

Sein Leben liest sich wie ein Roman: Er lernte in sechs Jahren 15 Sprachen. In Russland erzielte er seit 1846 enorme Gewinne mit dem Farbstoff Indigo und dem Munitionsrohstoff Salpeter. In Kalifornien vervielfachte er sein Vermögen während des Goldrausches. Als mehrfacher Millionär konnte er sich seit 1864 ins Privatleben zurückziehen und Studien der Antike betreiben. Er reiste nach Ägypten, Asien, Amerika und studierte alte Sprachen, Literatur und Altertumskunde.

Schliemann ist 46 Jahre alt, als er 1868 eine Bildungsreise auf den Spuren Homers unternimmt. Auf Korfu und Ithaka sucht er vergeblich den Palast des Odysseus. Zufällig trifft er an der Westküste Anatoliens den britischen Diplomaten Frank Calvert, der den Hügel Hisarlik bei der Stadt Burnabaschi als möglichen Standort Trojas identifizierte. Calverts eigene Grabungen verliefen jedoch im Sande. Weil sein Geld zur Neige ging, überzeugte er Schliemann, weiter zu graben.

Mischung aus Fantast und verkanntem Genie

Schliemann ist eine Mischung aus Fantast und verkanntem Genie; immer wieder biegt er sich die Fakten zurecht, bis sie ihm passen. Mit einer "Ilias"-Ausgabe in der Hand sucht er nach Troja. Archäologie ist im 19. Jahrhundert so etwas wie Schatzsuche. Reiche Außenseiter sind keine Seltenheit. Schliemann geht bei seinen Grabungen grobschlächtig vor: Seit 1870 lässt er, zunächst ohne Grabungserlaubnis der osmanischen Behörden, einen 40 Meter breiten und mehr als 15 Meter tiefen Graben durch den Hügel treiben. Kritiker werfen ihm vor, die wichtigsten Schichten des "echten" Troja zerstört zu haben.

Offizielle Grabungserlaubnis 1871

Erst 1871 bekommt er die offizielle Grabungserlaubnis. Erfolge bleiben lange aus. Im Mai 1873 entdeckt der nur 1,56 Meter große Schliemann am Fuß einer Umfassungsmauer Goldschmuck, Kupferbecher und Silberdolche: Er legt einen der prunkvollsten Schätze der Antike frei, den "Goldschatz des Priamos", wie der geniale Selbstvermarkter ihn sogleich tauft. Mit dem König von Troja haben die Funde allerdings nichts zu tun, Schliemann hat zu tief gewühlt. Heute werden die Schätze der Bronzezeit um 1.600 v. Chr. zugeschrieben.

Mit der Beute nach Berlin

Schliemann schmuggelt die Beute nach Berlin, wo er sie "dem Deutschen Volke" schenkt - im Zeitalter des Nationalismus ist Archäologie eine Waffe im Konkurrenzkampf der Europäer. Damit hat der Außenseiter auch sein persönliches Ziel erreicht: Zumindest im Ausland erntet er die Anerkennung, die ihm so lange versagt war. Für manche wissenschaftlichen Archäologen bleibt er ein Pfuscher und Schwindler.

Und Schliemann gräbt weiter, auch in Mykene. Dort fördert er 1874 eine Totenmaske aus Gold zutage. Für ihn kann das nur die Maske des mykenischen Heerführers Agamemnon sein - in Wirklichkeit ist auch sie deutlich älter.

Tod nach Operation

Im November 1890 ließ sich der Forscher in Halle an der Saale an einer Ohrgeschwulst operieren. Entgegen dem Rat der Ärzte reiste er dann in Richtung Pompeji. Er starb er am 26. Dezember 1890 in Neapel.

Wegbereiter der Archäologie

Heute gilt Schliemann als einer der Wegbereiter der Archäologie. Er hat sich auch mit der Vorstellung durchgesetzt, dass Homers Epen einen historischen Kern haben. Ob sich im Hisarlik-Hügel tatsächlich das Troja der Ilias befindet, bleibt umstritten.

Den "Schatz des Priamos" nimmt zum Ende des Zweiten Weltkriegs die Roten Armee als Kriegsbeute mit. Die Kostbarkeiten gelten lange als verschollen, bis die russische Regierung die Verwahrung im Moskauer Puschkin-Museum 1993 bestätigt. Dort befindet sich der Schatz auch heute noch.


Ruinen der alten Stadt Troja / © Leonid Andronov (shutterstock)
Ruinen der alten Stadt Troja / © Leonid Andronov ( shutterstock )
Quelle:
KNA