Streit um Präsidentschaftswahlen im Kongo

Bischöfe sind gegen den Präsidenten

Kandidiert Präsident Joseph Kabila oder nicht? Seine Amtszeit endet Mitte Dezember, er will aber nicht gehen und lässt nichts unversucht, um an der Macht zu bleiben. domradio.de hat darüber mit Marco Moerschbacher vom katholischen Hilfswerk Missio gesprochen.

Joseph Kabila bei Papst Franziskus / © Adrew Medichini (dpa)
Joseph Kabila bei Papst Franziskus / © Adrew Medichini ( dpa )

domradio.de: In einem Vatikan-Statement heißt es nach der Begegnung mit Papst Franziskus diese Woche, die beiden hätten bei ihrem Gespräch über den Kongo die Wichtigkeit der Zusammenarbeit zwischen den politischen Akteuren und den Vertretern der Gesellschaft und der Religionen betont. Glauben Sie, dass etwas von dem, was der Papst sagt, bei Kabila ankommt?

Marco Moerschbacher (Referat Afrika beim katholischen Hilfswerk Missio): Ja, ich glaube schon, dass da was ankommt, wobei diese Gewichtigkeit natürlich jetzt nicht zum ersten Mal auf dem Trapez ist. Das haben auch gerade die katholischen Bischöfe vom Kongo immer betont und Kabila kommt nun nicht mehr umhin, anzuerkennen, wie wichtig gerade die Zusammenarbeit mit der katholischen Kirche ist. 

domradio.de: Die jüngsten Proteste zeigen, dass die Menschen nicht bereit sind, Kabila als Alleinherrscher hinzunehmen. Ist das in Ihren Augen ein Grund für Hoffnung auf echte Demokratie oder eher ein Anlass zur Sorge, weil die Gewalt eskalieren könnte?

Moerschbacher: Also die entscheidende Frage ist jetzt, was Joseph Kabila aus Rom mit in den Kongo nimmt und ob das bei ihm etwas bewirkt hat. Die Situation war bis vor kurzem eher ein Anlass zur Sorge. Kabila hat schon mehrfach versucht, seine Amtszeit auf verschiedenen Wegen zu verlängern. So hat er versucht, den entsprechenden Artikel in der Verfassung zu ändern, das ist dann am Parlament und auch an dem durchaus pointierten Widerspruch der katholischen Kirche gescheitert. Nächster Schritt in diesem Drama war, dass er das Parlament hat abstimmen lassen, ob - wenn die Wahlen nicht stattfinden - er dann weiterhin amtierender Präsident des Kongo bleibt. Das hat das Parlament so entschieden. Jetzt ist die berühmte Frage, wann die Amtszeit von Kabila endet, wenn die Wahlen im November nicht stattfinden - was nun wahrscheinlich ist. Die einen sagen, sie hört am 20. Dezember auf, weil er am vor fünf Jahren am 19. Dezember offiziell angefangen hat und in diesem Jahr sein zweites Mandat zu Ende gehe. Die anderen sagen, es gelte das Votum des Parlaments und er bleibe so lange Übergangspräsident, bis neu gewählt werde.

domradio.de: Das heißt, es ist schon fraglich, ob die Wahlen überhaupt stattfinden?

Moerschbacher: Es ist nahezu ausgeschlossen, dass die Wahlen in diesem Jahr noch stattfinden. Die Wahlen sind für November angesetzt, es ist aber vorher ein aufwendiges Verfahren der Wählerregistrierung nötig. Das gestaltet sich im Kongo mit seiner sehr schwierigen Infrastruktur als ausgesprochen mühsam. Die Wahlkommission hat angekündigt, dass sie dafür acht Monate brauchen werde und sie hat erst im Juli dieses Jahres angefangen. Das heißt: Die Registrierung würde in etwa bis März, April nächsten Jahres dauern, sodass die Wahlen frühestens ab Mitte 2017 möglich sind. Das alles ist sehr schwer zu durchschauen, weil da sehr viele Interessen zusammenkommen und mit verschiedenen Winkelzügen von Seiten der Regierung und auch von Seiten der Opposition alles andere als ein Fair Play gegeben ist.

domradio.de: Etwa die Hälfte der Kongolesen sind katholisch. Wie haben sich die Bischöfe des Landes zu einer erneuten Kandidatur Kabila positioniert?

Moerschbacher: Sie haben sich klar gegen eine erneute Kandidatur ausgesprochen. Das sagen sie natürlich nicht in der Form: "Kabila darf nicht mehr antreten." Sondern sie sagen: "Kabila muss sich an die Verfassung halten." Und in der Verfassung steht klar, dass der Präsident nicht mehr als zwei Perioden nacheinander amtieren darf. So haben sie das klar formuliert. Anfang des Jahres zu einem Dialog aufgerufen, als abzusehen war, dass wenn jetzt nichts passiert, die Wahlen auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben werden. Das ist ein inklusiver Dialog - den Kabila auch aufgegriffen hat und die Kirchen, die Zivilgesellschaft und die Oppositionsparteien an einen Tisch gerufen hat, sodass der Prozess überhaupt voran ging. Aber immer wieder war und ist mit Verzögerungstaktiken gerade aus dem Regierungslager zu rechnen und zu rechnen gewesen.

domradio.de: Der Mann klebt also an der Macht, er will an der Macht bleiben und die Bischöfe sprechen sich dagegen aus: Warum spielt das für ihn eine Rolle?

Moerschbacher: Das ist für ihn wichtig aufgrund des Einflusses der katholischen Kirche auf die Bevölkerung. Zwar gab es jetzt wieder Aufstände, nachdem bekannt wurde, dass es bis zu den Wahlen noch dauern würde und als die Debatte um das Ende der Präsidentschaft Kabila aufgekocht ist. Der Präsident hat auf die Menschen dort schießen lassen und die katholische Kirche hat daraufhin den Dialog eingestellt. Die haben sich gleichzeitig hinter verschlossenen Türen getroffen und gesagt, dass man so jetzt nicht einfach weitertagen könne, sondern dass sie sich jetzt um die Menschen kümmern müssen und der Toten gedenken wollen. Man ist sozusagen für eine kurze Zeit aus dem Dialog ausgetreten. Das ist für Kabila natürlich ein Gesichtsverlust. Der Besuch beim Papst zeigt dann einerseits, dass Kabila darum bemüht ist, vor der katholischen Kirche eine gute Figur zu machen. Die entscheidende Frage ist nun, was er davon mitbringen wird in den Kongo. Natürlich hat er betont, wie wichtig die katholische Kirche im Bereich des Bildungs- Sozial- und des Gesundheitswesen sei, das ist auch richtig. Andererseits kommt es nun darauf an, dass der Dialog jetzt weitergeführt wird, und dass es konkrete Daten geben wird, wann die Wahlen stattfinden sollen. Das hat er bislang immer noch nicht gesagt. Und so lange er sich dazu nicht äußert, wird die Unzufriedenheit in der Bevölkerung zunehmen. Wenn die Kirche eine Antwort weiterhin einfordern wird, wird die Bevölkerung sich zu Recht von der katholischen Kirche bestärkt sehen und das kann sich Kabila - glaube ich - schwer leisten.

Das Interview führte Uta Vorbrodt.


Quelle:
DR