Streit um Kaczynski-Kreuz in Warschau geht weiter

Kirche gegen "Instrumentalisierung"

Der Vorsitzende der Polnischen Bischofskonferenz hat den Streit um das Gedenkkreuz vor dem Präsidentenpalast in Warschau verurteilt. Erzbischof Jozef Michalik von Przemysl warf den Parteien am Dienstag vor, das für die Opfer der Flugzeugkatastrophe von Smolensk errichtete Kreuz politisch zu instrumentalisieren.

Warschau: Das Kreuz steht nicht mehr vor dem Palast (epd)
Warschau: Das Kreuz steht nicht mehr vor dem Palast / ( epd )

Am schärfsten kritisierte Michalik den «kämpferischen Atheismus» der sozialdemokratischen Oppositionspartei SLD. Zugleich begrüßte er den Vorschlag des Warschauer Erzbischofs Kazimierz Nycz, das Holzkreuz in die Sankt-Anna-Kirche zu verlegen. Nicht die Kirche, sondern vor allem der neue Staatspräsident Bronislaw Komorowski müsse den Streit lösen, so der Erzbischof.

Die Verlegung des Kreuzes in das Gotteshaus hatten in der vergangenen Woche rechtskonservative Demonstranten verhindert. Das Kreuz gilt als zentrales Symbol für das Andenken an Staatspräsident Lech Kaczynski und weitere 95 Personen, die im April bei dem Flugzeugabsturz in der Nähe des russischen Smolensk ums Leben kamen.


Mehrheit der Polen will Verlegung
In der Nacht zum Dienstag demonstrierten vor dem Präsidentenpalast einige tausend meist junge Menschen für die Entfernung des Gedenkkreuzes. Sie forderten eine strikte Trennung von Staat und Kirche. Am Dienstag legte der konservative Oppositionsführer Jaroslaw Kaczynski, Zwillingsbruder des verunglückten Präsidenten, vor dem Kreuz einen Kranz nieder und sang mit seinen Anhängern die Nationalhymne. In der Vergangenheit hatte er vehement einen Verbleib des Kreuzes an der Stelle gefordert. Für Dienstagabend kündigte die SLD eine Großkundgebung gegen das Gedenkkreuz an.

Eine Mehrheit von 71 Prozent der Polen unterstützt laut einer am Montagabend veröffentlichten Umfrage des Fernsehsenders TVN die Verlegung des Kreuzes in die Kirche. Laut einer am Dienstag veröffentlichten Umfrage der «Rzeczpospolita» will allerdings eine Mehrheit von 57 Prozent, dass das Kreuz erst entfernt wird, wenn eine Gedenktafel oder ein Denkmal vor dem Palast an die Opfer der Flugzeugkatastrophe erinnert.

Das etwa vier Meter hohe Holzkreuz war kurz nach dem Unglück von Pfadfindern errichtet worden. Komorowski hatte die Verlegung an einen «geeigneteren» Platz angeordnet. Das Erzbistum Warschau und zwei Pfadfinderorganisationen stimmten dem Plan zu. Die 1454 erbaute Sankt-Anna-Kirche liegt in der Nähe des Präsidentenpalastes und ist Pfarrkirche der Studentengemeinde.