Streit um homosexuellen evangelischen Bischofskandidaten

Der Fall Gorski

Im Windschatten der Auseinandersetzung um die sexuelle Orientierung von Geistlichen in der anglikanischen Kirche steht auch die Nordelbische Evangelisch-Lutherische Kirche vor einer Zerreißprobe. Erstmals im deutschen Protestantismus kandidiert ein bekennend homosexueller Geistlicher um ein Bischofsamt. Die Aufregung ist groß, die katholische Kirche will sich nicht einmischen.

Autor/in:
Bernd Buchner
 (DR)

Am 12. Juli stellt sich neben dem Propst des Kirchenkreises Angeln, Gerhard Ulrich (57), auch Propst Horst Gorski (51) aus Hamburg-Altona der Wahl um die Nachfolge des Schleswiger Bischofs Hans Christian Knuth, der im Herbst in den Ruhestand tritt. Gorski ist Mitbegründer des Konvents schwuler Pastoren und lesbischer Pastorinnen in Nordelbien.

Konservative Protestanten fahren seit Bekanntgabe der Kandidatur schweres Geschütz gegen den Geistlichen auf. Nach der Bibel widerspreche gelebte Homosexualität dem Willen Gottes, erklärte der Vorsitzende der Kirchlichen Sammlung um Bibel und Bekenntnis, Ulrich Rüß.

Kritik an Gorskis Theologie nur Vorwand?
Die Kritik an Gorski entzündet sich indes nicht nur an seiner sexuellen Orientierung, sondern wird auch mit seinen theologischen Auffassungen begründet. In einer Karfreitagspredigt hatte der Altonaer Propst vor zwei Jahren Zweifel am Sühnecharakter des Leidens und Sterbens Christi anklingen lassen. «Der Tod Jesu war nicht notwendig, damit sich Gott mit uns versöhnt und uns vergibt», heißt es in der im Internet zugänglichen Ansprache. «Diese Behauptung einer solchen Notwendigkeit ist eines der größten Missverständnisse der christlichen Geschichte.» Gorski entferne sich von einem Herzstück christlicher Glaubenswahrheit, als Bischof würde er viele evangelische Gläubige geistig heimatlos machen und die Ökumene belasten, monierte Rüß.

Die konservative Opposition gegen den Kandidaten fand inzwischen einen prominenten Mitstreiter: Der Lübecker Altbischof Ulrich Wilckens rief die Synode unter Berufung auf die Karfreitagspredigt unmissverständlich auf, nicht für Gorski zu stimmen.

Unklar ist, inwieweit bei den theologischen Beanstandungen auch das Unbehagen über die sexuelle Orientierung des Altonaer Propstes mitschwingt. Einige, so wird vermutet, kritisieren den Prediger und meinen in Wirklichkeit den Homosexuellen. Die Kirchenleitung stellte sich unterdessen eindeutig hinter Gorski. Synodenpräsident Hans-Peter Strenge bezeichnete die Kritik der Kirchlichen Sammlung als «diffamierend». In der Nordelbischen Kirche gebe es einen breiten Konsens, dass die Homosexualität eines Menschen kein Hindernis für die Ausübung eines geistlichen Amtes sei. Auch die Hamburger Bischöfin Maria Jepsen bezeichnete beide Bischofskandidaten als «uneingeschränkt geeignet».

Weihbischof Jaschke: Nicht einmischen
Ob der Fall Gorski Auswirkungen auf die ökumenischen Beziehungen im Norden haben wird, bleibt abzuwarten. Die katholische Kirche äußerte sich zurückhaltend zur Kandidatur des Altonaer Propstes. Jede Diskriminierung Homosexueller sei entschieden abzulehnen, sagte der Hamburger Weihbischof Hans-Jochen Jaschke. Dennoch betrachte die katholische Kirche Homosexualität nach dem biblischen Menschenbild nicht als gleichwertig mit der Heterosexualität. Es komme darauf an, «wie ein Mensch verantwortlich mit seiner Sexualität umgeht», so Jaschke. Er kenne und schätze Gorski, wolle sich jedoch nicht in die Streitigkeiten einmischen.

Wie die Synode am 12. Juli entscheidet, ist völlig offen. Ulrich galt anfangs als Favorit - doch nach Einschätzung von Beobachtern ist Gorski durch die Debatte um seine Person eher gestärkt worden.