Streit um EU-Richtlinie

 (DR)

Die EU-Kommission ruft Deutschland und 20 andere EU-Länder auf, die europäische Richtlinie gegen Menschenhandel vollständig umzusetzen. "Es ist sehr enttäuschend, dass nur sehr wenige Länder die Regelungen in Kraft gesetzt haben", rügte die EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström am Montag in Brüssel. Die Frist zur Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht war am 6. April diesen Jahres verstrichen. Nur Schweden, Finnland, Polen, Tschechien, Ungarn und Lettland haben die EU-Vorgaben bisher erfüllt.

Laut einer Studie, die Malmström vorstellte, machten die Behörden in der EU im Jahr 2010 rund 9.500 Opfer von Menschenhandel ausfindig. Das waren fast ein Fünftel mehr als noch 2008. In Deutschland wurden in 2010 651 Fälle bekannt. Die weitaus meisten Fälle meldeten Italien (2.381), Spanien (1.605) und Rumänien (1.154). Die Menschen wurden etwa als Prostituierte, Zwangsarbeiter oder sogar Organspender ausgebeutet. "Die Nachfrage nach Zwangsarbeit wächst in der Wirtschaftskrise", unterstrich Malmström.

Die EU-Richtlinie umfasst eine ganze Reihe von Aspekten. Unter anderem schreibt sie hohe Strafen für Menschenschmuggler fest. Opfer von Menschenhandel dürfen nicht für ungesetzliche Aktivitäten wie etwa den Gebrauch gefälschter Dokumente belangt werden. Kriminelle EU-Bürger können hingegen auch für Straftaten im Ausland verurteilt werden. Jedes EU-Land soll außerdem einen Berichterstatter für das Thema Menschenhandel einsetzen.

Der deutsche Regierungssprecher Steffen Seibert betonte, Deutschland verfüge über zahlreiche Regelungen, um den Menschenhandel zu verfolgen. Ein Gesetzentwurf zur Umsetzung der EU-Richtlinie befindet sich ihm zufolge in der Ressortabstimmung. Offenbar sind sich Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) und Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) bei dem Thema uneins.

(epd)