Streit um Änderung des Religionsgesetzes in der Ukraine

"Gewaltsame Wegnahme von Pfarreien"

In der Ukraine spitzt sich der Streit um eine Änderung des Religionsgesetzes zu. Am Donnerstag wird über einen Gesetzesantrag beraten, der den Wechel einer Gemeinde in eine andere Konfession erleichtern soll.

Papst Franziskus und Patriarch Kyrill I. umarmen sich nach der Unterzeichnung der gemeinsame Erklärung am 12. Februar 2016 am Flughafen von Havanna. Es ist das erste Treffen eines römischen Papstes mit dem Patriarch der russisch-orthodoxen Kirche. (KNA)
Papst Franziskus und Patriarch Kyrill I. umarmen sich nach der Unterzeichnung der gemeinsame Erklärung am 12. Februar 2016 am Flughafen von Havanna. Es ist das erste Treffen eines römischen Papstes mit dem Patriarch der russisch-orthodoxen Kirche. / ( KNA )

Der Sprecher der ukrainisch-orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats, Bischof Clement, warnte die Abgeordneten am Mittwoch vor dem "Zorn Gottes", falls sie zwei "antireligiöse und antiklerikale" Gesetze beschließen sollten. Seine Kirche habe bereits 300.000 Unterschriften gegen die umstrittenen Gesetzentwürfe gesammelt. Das Parlament in Kiew soll am Donnerstag über den Gesetzesantrag beraten, dass Kirchengemeinden ohne Mitsprache des Ortsbischofs ihre Konfession wechseln dürfen.

In den vergangenen Jahren hatten in der Ukraine mehrere Dutzende Pfarreien mit ihrem orthodoxen Moskauer Patriarchen gebrochen und sich der orthodoxen Kirche des Kiewer Patriarchats angeschlossen. Hintergrund ist der andauernde politische und militärische Konflikt mit Russland. Das Moskauer Patriarchat verurteilte dies stets als unzulässige und teils gewaltsame Wegnahme von Pfarreien.

Papst Franziskus um Hilfe gebeten

Initiator des Gesetzentwurfs ist ein Abgeordneter der Partei Volksfront des ehemaligen Regierungschefs Arsenij Jazenjuk. Der orthodoxe Moskauer Patriarch Kyrill I. bat unterdessen die Staats- und Regierungschefs Russlands, Deutschlands und Frankreichs sowie UN-Generalsekretär Antonio Guterres, Papst Franziskus und den Generalsekretär des Ökumenische Rats der Kirchen, Olav Fykse Tveit, um Hilfe. Sie sollten sich gegen das "himmelschreiende Beispiel der Missachtung des Menschenrechts auf Religionsfreiheit" stark machen, so Kyrill laut russisch-orthodoxen Kirchenangaben vom Mittwoch.

Es dürfe keine falschen Abstimmungen in Pfarreien geben, betonte das Patriarchat. Die Kirche des Moskauer Patriarchats protestiert auch gegen die Gesetzesinitiative für eine Sonderbehandlung von Religionsgemeinschaften, deren Zentrum in einem Staat liegt, der vom ukrainischen Parlament als Aggressor eingestuft wird.

Verstoß gegen die Verfassung und internationales Recht?

Dieses Gesetz diskriminiere seine Kirche und verstoße damit gegen die Verfassung und internationales Recht, so Bischof Clement. Rund 70 Prozent der 45 Millionen Ukrainer bekennen sich zum orthodoxen Christentum. Sie gehören allerdings drei verschiedenen Kirchen an: entweder der ukrainisch-orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats, dem 1992 gegründeten Kiewer Patriarchat oder der vor etwa 90 Jahren entstandenen "Ukrainischen Autokephalen Orthodoxen Kirche". Einzig die mit Moskau verbundene Kirche wird von der Weltorthodoxie anerkannt.

2014 hatte Russland die ukrainische Schwarzmeerhalbinsel Krim annektiert. Seither starben in der Ostukraine bei Gefechten zwischen prorussischen Separatisten und ukrainischen Regierungstruppen nach Angaben der Vereinten Nationen rund 10.000 Menschen.


Quelle:
KNA