Streifzug durch den Januar-Garten

Himbeeren im Winter

Eigentlich sind wir ja mitten im Winter. Und nicht nur eigentlich. Bevor Schneeglöckchen und Haselnuss nicht blühen, ist auch kein Frühling. Basta. Aber weil dieser Winter eher etwas Kunterbuntes hat, mal mit warmen Orkanböen und mal mit zarten Frösten unterm Vollmond daherkommt, hat auch die Stille im Garten eher etwas Buntes.

Himbeeren im Winter / © St.Q.
Himbeeren im Winter / © St.Q.

Winterstarr recken sich die Obstbäume in den Himmel, auch die junge Goldparmäne. Fester Vorsatz: kein Winterschnitt, zu viele Triebe sind deswegen letzten Sommer geschossen. Also Sommerschnitt, auch wenn das dann schon reifende Äpfel kostet.

Im Kirschbaum baumelt derweil im Wind ein Experiment: das geflochtene Vogelfutterhäuschen. Nicht ganz dicht, aber mit einem schön geflochtenen Dach und abstehendem Flechtwerk, um ungebeten Gäste abzuhalten. Aber die gebetenen Gäste trauen sich noch nicht so ganz, nur die mutigen Meisen. Aber das wird schon, meinte der Vogelhäuschenbauer und Flechtkunstwerker von der Schwäbischen Alb. Vielleicht würden darin sogar Vögel nisten. Oder auch nicht. – Dieses „Oder-auch-Nicht“ klingt wie ein Gärtnermantra, das Gelassenheit verspricht.

Ganz hinten, wo die Beerensträucher stehen, dann die eigentliche Winterüberraschung: dort hängen tatsächlich Himbeeren an einer Rute, so als sei noch Oktober. Nicht angefault, nicht vom Schimmel überzogen, nein, im schönsten Himbeerrot, gesäumt vom ersten und bisher einzigen Schnee. Irgendwie muss das Wetter im Dezember noch gepasst haben. Himbeerwetter sozusagen.

Winterstille mit einem ganz eigenen Glanz verbreiten derweil die vergessenen, nicht geschnittenen Stauden; so sind die Blüten der Herbstastern auf ihren alten dunkelbraunen Trieben silbergrau erstarrt. Es herrscht also trotz der vielen Sturmböen tatsächlich Winterruhe im Garten – oder auch nicht: denn da sind die kecken Spitzen der Schneeglöckchen, die schon ihr erstes frische Grün durch den Mulch treiben. Um es mit Karel Capek zu sagen: „Unter der Erde wird das große Frühlingsprogramm entworfen.“ (St.Q.)