Stiftung zur Schreib- und Leseförderung in Deutschland gegründet

Analphabeten in Deutschland

Vier Millionen Erwachsene in Deutschland können laut Schätzungen kaum lesen und schreiben. Sie hätten sehr geringe Chancen auf dem Arbeitsmarkt und bräuchten dringend Hilfe, erklärte der Bundesverband Alphabetisierung und Grundbildung am Dienstag in Münster zum Weltalphabetisierungstag am 8. September. Jedes Jahr verließen 75.000 Jugendliche die Schule ohne Hauptschulabschluss. Viele von ihnen könnten auch nicht rechnen, hieß es. Damit fehle ihnen die Mindestqualifikation für einen Beruf. Der Verband forderte eine genaue Erhebung der Analphabetenzahl in Deutschland. Erst wenn verlässliche Daten vorlägen, werde die Bildungspolitik wie beim "PISA-Schock" mit Reformen reagieren, sagte Bundesverband-Geschäftsführer Peter Hubertus.

 (DR)

Anlässlich des Weltalphabetisierungstages am Montag hat der Bundesverband Alphabetisierung und Grundbildung das mangelhafte Angebot von Lese- und Schreibkursen für Erwachsene kritisiert. Das Grundbildungsangebot, das häufig von Volkshochschulen bereitgestellt wird, sei immer noch nicht ausreichend, erklärte der Geschäftsführer des Verbandes, Peter Hubertus, am Dienstag in Münster. Angesichts von vier Millionen funktionalen Analphabeten in Deutschland "brauchen wir mehr bezahlbare Kurse, auch intensive Lernmöglichkeiten für Menschen ohne Arbeit", betonte Hubertus.

Spätestens seit der PISA-Studie sei bekannt, dass Deutschland im Vergleich mit anderen Ländern einen erheblichen Nachholbedarf bei der Grundbildung habe, sagte Hubertus. Jedes Jahr verließen 75.000 Jugendliche die Schulen ohne Hauptschulabschluss. Viele verfügten nicht über die ausreichenden Kenntnisse im Lesen, Schreiben und Rechnen, ohne die sie kaum eine Chance am Arbeitsmarkt hätten.

Zuwenig Angebote für Erwachsene
Präventive Bildungsaßnahmen in Kindergarten und Grundschule seien wichtig, müssten aber durch Angebote zum Lesen- und Schreibenlernen für Erwachsene ergänzt werden, forderte Hubertus. Das Bundesbildungsministerium stelle in den kommenden fünf Jahren zwar 30 Millionen Euro für Forschungsprojekte in diesem Bereich zur Verfügung. Doch seien auch mehr finanzielle Mittel von Bund und Ländern gefragt, um das Grundbildungsprogramm an den Volkshochschulen aufzustocken.

Auf Initiative des Bundesverbandes soll am 8. September auf einer zentralen Veranstaltung zum Weltalphabetisierungstag in Berlin die «Alfa-Stiftung für Alphabetisierung und Grundbildung» gegründet werden. «Wir hoffen, so Bund und Länder in der Bildungsfrage zusammenzubringen», sagte Hubertus dem epd. Bislang sei eine bundesweite Förderung der Grundbildung unmöglich, da die Bildung in den Zuständigkeitsbereich der Länder falle. Die künftige Stiftung setzt auch die finanzielle Unterstützung aus der Wirtschaft. «Wir wollen sie in die Pflicht nehmen, da sie sich oft über die schlechte Bildung von Schulabgängern beklagen», betont Hubertus.

Weltweit können rund 780 Millionen Erwachsene nicht lesen und schreiben. Die Hälfte davon sind Frauen. In Deutschland gibt es nach Schätzungen des Bundesverbandes Alphabetisierung vier Millionen funktionale Analphabeten, die trotz Schulbesuch nur so gut Lesen und Schreiben können wie Erst- und Zweitklässler. Die UNESCO macht alljährlich am 8. September mit dem Weltalphabetisierungstag auf diese Problematik aufmerksam. Die Vereinten Nationen haben zur Unterstützung der Bildungsarbeit die Weltalphabetisierungsdekade 2003 bis 2012 ausgerufen.