Stichwort: Ökumenisches Patriarchat von Konstantinopel

Byzanz, Konstantinopel, Istanbul

Das Ökumenische Patriarchat in Istanbul gilt nach der Tradition als das geistliche Zentrum der orthodoxen Christenheit. Der dortige Patriarch ist das Ehrenoberhaupt von mehr als 300 Millionen Christen in aller Welt. Er hat allerdings im Unterschied zum Papst keine umfassende Rechtsgewalt. Der Ökumenische Patriarch koordiniert die Zusammenarbeit der orthodoxen Kirchen. Er beruft die Panorthodoxen Konferenzen ein und führt den ökumenischen Dialog. Das Ökumenische Patriarchat ist Gründungsmitglied des Weltkirchenrates (ÖRK) in Genf.

 (DR)


Der Überlieferung zufolge gründete der Apostel Andreas den Bischofssitz von Byzanz, dem heutigen Istanbul. Die Konzilien von Konstantinopel (381) und Chalcedon (451) erhoben den Bischof zum Patriarchen, der vom Rang die zweite Stelle nach Rom einnahm und noch vor den alten Patriarchaten Alexandrien, Antiochien und Jerusalem rangierte. Begründet wurde diese Rangerhöhung damit, dass Kaiser Konstantin die Stadt im Jahr 324 zur neuen Hauptstadt des Römischen Reiches und damit zum "Zweiten Rom" gemacht hatte. Seit 330 erhielt die Stadt am Bosporus den Namen Konstantinopel.

In der Folgezeit konkurrierten Papst und Ökumenischer Patriarch um Macht und Einfluss. 1054 führten theologische Streitigkeiten zur Spaltung zwischen Ost- und Westkirche. Sie wurde vertieft, als westliche Kreuzritter 1204 Konstantinopel eroberten und ein Lateinisches Kaiserreich errichteten. Seit Konstantinopel 1453 von den Türken erobert wurde, gleicht das Zentrum der Orthodoxie einer christlichen Insel in einer islamischen Umgebung. Die geschwächte Position des Patriarchats versuchte die russisch-orthodoxe Kirche zu nutzen, um sich als ein "Drittes Rom" zu profilieren.

Die Position des Patriarchats in Istanbul verschlechterte sich auch durch das schwierige politische Verhältnis zwischen Griechenland und der Türkei. Das führte bis in die Gegenwart hinein immer wieder zu Spannungen und Anschlägen fundamentalistischer Gruppen. Nach heutiger türkischer Auffassung ist der Patriarch nur geistliches Oberhaupt der in Istanbul verbliebenen griechisch-orthodoxen Restminderheit. Seine Rolle als Ehrenoberhaupt der Weltorthodoxie haben die türkischen Regierungen stets zurückgewiesen. Allerdings sehen manche Kreise der türkischen Politik auch politische und diplomatische Vorteile in der Präsenz des Ökumenischen Patriarchats in Istanbul. So hat der so genannte Phanar eine eigene Vertretung bei der EU in Brüssel.