DOMRADIO.DE: Sechs zu null ist es ausgegangen. Spiegelt denn diese Tordifferenz auch das fußballerische Verhältnis der beiden Mannschaften wider oder war auch viel Glück dabei? Es waren ja auch zwei Eigentore von Marokkanerinnen dabei.
Schwester Katharina Hartleib (Olper Franziskanerin und DOMRADIO.DE-"Fußballnonne"): Es war natürlich beides. Es waren natürlich auch noch zwei Abseitstore für die Deutschen und es waren auch ein paar Lattentreffer. In der ersten Halbzeit dachte ich am Anfang: Gut, okay, es geht gut los. Und dann hatte ich eher ein ziemlich besorgtes Gefühl, denn es wurde dann plötzlich unsicher. Dann drehten sie immer wieder Kringel, statt nach vorne zu spielen. Und da dachte ich: Oh, was ist los?
Ich habe dann gehofft, dass die Trainerin wirklich in der Pause das richtige Wort und auch die richtige Ermutigung findet. Und da ging es ja auch gleich los nach wenigen Sekunden in der zweiten Halbzeit mit dem nächsten Tor. Insgesamt haben mir beide Mannschaften richtig gut gefallen. Für die anderen war es natürlich ein bisschen schade. Das muss man schon sagen. Die deutsche Stärke war in der zweiten Halbzeit dann besser. In der ersten Halbzeit fand ich es zwischendurch wirklich ein bisschen besorgniserregend und ich dachte: Oh, sie sind hoffentlich eine Turniermannschaft, die sich steigert.
DOMRADIO.DE: Also glauben Sie, dass die Trainerin Martina Tecklenburg in der Kabine in der Halbzeitpause da auch die richtigen Impulse setzen konnte?
Sr. Katharina: Das glaube ich schon, denn man merkte einigen Spielerinnen an, dass sie unsicherer waren. Ich habe gedacht: Das braucht ihr doch gar nicht sein, ihr führt und ihr müsst doch jetzt nicht unsicher sein. Aber dann gab es immer wieder wieder Querpässe und noch mal drehen und noch mal wenden, statt nach vorne zu gehen. Und das war in der zweiten Halbzeit dann anders. Von daher bin ich mir sicher, dass die Trainerin das hingekriegt hat in der Halbzeitpause.
DOMRADIO.DE: Wie haben Sie denn die Marokkanerinnen empfunden? Immerhin war das ja das erste Mal, dass eine arabische Damen-Fußballnationalmannschaft auf dem Platz steht. Das ist ja auch irgendwie so eine historische Verpflichtung.
Sr. Katharina: Das ist mehr als historisch, dass das für den arabischen Raum jetzt endlich möglich ist, dass Frauen zwar noch lange nicht gleichberechtigt sind, aber dass es ihnen möglich gemacht wird, zu spielen und sich zu zeigen.
Ich fand die richtig gut für ein erstes Mal auf der Weltbühne und dann natürlich gleich gegen Deutschland. Sie waren munter und couragiert und mit einer ziemlich guten Verteidigung. Am Anfang standen sie ja wirklich hinten drin, wie man es erwartet hat. Aber dann haben sie sich nicht nach hinten festgesetzt, sondern sie haben sich schon ihre Chancen erarbeitet und hatten dann natürlich auch ziemlich viel Pech.
DOMRADIO.DE: Weiter geht es ja für die deutschen Fußballerinnen am Sonntag gegen Kolumbien und dann nächste Woche Donnerstag gegen Südkorea. Welches sind wohl die schwereren Gegnerinnen?
Sr. Katharina: Kolumbien macht ja im Moment einfach Negativschlagzeilen. Da sind jetzt zweimal Spiele abgebrochen worden, weil die derart in die Knochen gegangen sind, wie man sagt, dermaßen ruppig und hart gespielt haben. Und nach dem Abbruch der Spiele haben sie immer gesagt: "Ja, wenn die anderen Mannschaften nur so kleine Heul-Mädchen haben..." Das finde ich schon ziemlich böse. Von daher bin ich da ein bisschen besorgt.
DOMRADIO.DE: Wenn wir mal auf die ersten Spieltage gucken seit Donnerstag: Was ist Ihnen denn bisher besonders aufgefallen? Gab es für Sie schon Überraschungen?
Sr. Katharina: Eine Überraschung war für mich die unglaublich tolle Stimmung, die unglaublich vielen und vollen Stadien. Das gefällt mir schon sehr gut, dass das mittlerweile so gut drin ist, dass die selbst dort unten im fernen Australien und Neuseeland eine solche Fußballbegeisterung für die Frauen-WM wecken konnten. Das hat mir gefallen. Und dass natürlich einige Mannschaften, die man eigentlich so favorisiert gesehen hat, im Moment schon ein Problem haben, ist auch nicht so schlecht.
Das Interview führte Heike Sicconi.