SPD-Politiker Hermann Scheer gestorben

Visionär für die Sonnenenergie

Er war international anerkannter Vorkämpfer für die Solarenergie, sein Engagement für eine Energiewende wollen nun andere weiterführen.

 (DR)

Der Träger des Alternativen Nobelpreises, der SPD-Politiker Hermann Scheer, ist am Donnerstag in Berlin an Herzversagen gestorben. Sein plötzlicher Tod rief parteiübergreifend Trauer aus.

Scheer wurde 66 Jahre alt. Er war seit 1965 Mitglied der SPD und saß für die Partei seit 1980 im Bundestag. Von 1993 bis November 2009 gehörte er dem Parteivorstand an. Bekannt war er vor allem als Verfechter des Einsatzes erneuerbarer Energien. Dafür erhielt er zahlreiche internationale Auszeichnungen, darunter den Weltsolarpreis 1998 und den Alternativen Nobelpreis 1999. Zudem war er Präsident der Europäischen Vereinigung für Erneuerbare Energien (Eurosolar) und Vorsitzender des Weltrates für Erneuerbare Energien.

Einsatz für Energiewende gewürdigt
SPD-Chef Sigmar Gabriel würdigte Scheer am Freitag als "engagierten Kämpfer für die dringend notwendige Energiewende". Früher als andere habe er erkannt, dass eine Fortführung der derzeitigen Art des Energieverbrauchs eine Katastrophe für die Umwelt bedeuten würde. "Hermann Scheer war ein politischer Visionär, der kein Träumer war", sagte Gabriel. Oft habe Scheer wie ein David gegen die Goliaths dieser Welt für eine Energiewende gekämpft.

Die Grünen-Bundesvorsitzenden Claudia Roth und Cem Özdemir erklärten, der Tod Scheers mache ihre Partei "zutiefst traurig". Scheer sei ein "Vordenker und Architekt des solaren Zeitalters" und somit als Sozialdemokrat auf besondere Weise mit den Grünen verbunden gewesen. "Wir trauern um einen Freund", betonten die Parteichefs. Die Grünen-Fraktionschefs Renate Künast und Jürgen Trittin versicherten: "Wir werden den Auftrag, für den er gekämpft hat, weiterführen: den Kampf für eine Europäische Union für erneuerbare Energien".

Auch die Linke-Parteichefs Gesine Lötzsch und Klaus Ernst hoben die Verdienste von Scheer hervor. Die Bundesrepublik verliere einen "engagierten Kämpfer für eine radikale Wende in der Energie- und Klimapolitik". Scheer sei ein geradliniger Politiker gewesen, der für seine Überzeugungen eingestanden und Gegenwind ausgehalten habe. Sein Tod reiße ein "tiefes Loch in die Reihen derer, die für sozialen und ökologischen Fortschritt streiten".

Die Europäische Vereinigung für Erneuerbare Energien, Eurosolar, würdigte den Verstorbenen als außergewöhnlichen Menschen und Politiker. Scheer habe mit seinem Kenntnisreichtum und seiner Begeisterungsfähigkeit viele Menschen überzeugen und mitreißen können. Scheers Gedanken und Pläne lebten weiter, hieß es in einer Mitteilung von Eurosolar.

Kandidat als "Superminister" in Hessen
Vor der hessischen Landtagswahl 2008 gehörte Scheer dem Schattenkabinett der SPD-Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti an. In einer möglichen Regierung sollte er für Wirtschaft und Umwelt zuständig sein und damit eine Art "Superminister" in Hessen werden. Scheer erklärte anlässlich seiner Benennung im Juni 2007, er übernehme die Aufgabe gerne und wolle Ypsilanti "tatkräftig" unterstützen. Das Ziel der hessischen SPD, am Atomausstieg festzuhalten, den Ausbau erneuerbarer Energien voranzutreiben und den Bau neuer fossiler Großkraftwerke überflüssig zu machen, entspreche genau dem Konzept, für das er eintrete. Nach der Wahl vom Januar 2008 scheiterte die Bildung einer rot-grünen Minderheitsregierung jedoch am Widerstand von vier SPD-Abgeordneten.

Scheer wurde 1944 in Wehrheim bei Frankfurt am Main geboren und wuchs in Berlin auf. Nach dem Besuch der Heeresoffizierschule studierte er bis 1972 in Heidelberg und Berlin Politik-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Nach seiner Promotion in Berlin war er als wissenschaftlicher Assistent an der Universität Stuttgart tätig. Von 1976 bis 1980 arbeitete er im Kernforschungszentrum Karlsruhe im Bereich Systemanalyse.

Der Abgeordnete für den Wahlkreis Waiblingen (Rems-Murr-Kreis) hatte sich im Sommer an den Protesten gegen "Stuttgart 21" beteiligt und zu diesem Zeitpunkt noch entgegen der Linie der Partei-Führung eine Bürgerbefragung zu dem umstrittenen Bahnprojekt gefordert.

Scheer war verheiratet und hatte ein Kind. Er lebte er in Waiblingen bei Stuttgart. Für ihn soll Rita Schwarzelühr-Sutter aus Waldshut, die bereits 2005 bis 2009 im Bundestag saß, nachrücken.