Spaltung der Piusbrüder möglich

Ja von Rom - Nein von Williamson?

Lange Jahre waren die Piusbrüder auf der rechten Außenbahn unterwegs. Kurz vor der erhofften Zielgerade schwenkt der Generalobere der traditionalistischen Bruderschaft, Bernard Fellay, ganz nah auf den Kurs von Papst Benedikt XVI. ein - und schließt dabei eine Spaltung in den eigenen Reihen nicht aus.

Autor/in:
Alexander Brüggemann
 (DR)

"Wir wollen nicht aggressiv sein, wir wollen nicht provozieren", sagte Fellay am Wochenende der US-Nachrichtenagentur CNS. In einer Periode wachsenden Einflusses progressiver Kräfte in der Kirche habe die Piusbruderschaft vor allem als ein "Zeichen des Widerspruchs" gedient. Und es klingt wie ein Kniefall vor dem Papst, wenn Fellay erklärt, Benedikt XVI. persönlich habe sich in den vergangenen Jahrzehnten dafür eingesetzt, "fortschreitende Abweichungen" von der katholischen Lehre und Tradition seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) zu korrigieren. Dabei, lobt der Generalobere, sei der Papst sehr behutsam vorgegangen: "Er versucht, nichts zu zerbrechen."



Nun hat Fellay dieser Tage einen schmerzhaften Spagat auszuhalten: Während er die neuen, verbindenden Fäden mit Rom schon in der einen Hand zu halten meint, versuchen ihn seine drei Mitbischöfe zurückzuzerren und von einer Einigung mit dem Vatikan abzuhalten. Sie wittern eine römische "Falle", wie aus einem dieser Tage per Indiskretion veröffentlichten Briefwechsel hervorgeht.



Fellay nimmt Indiskretion ernst

Der Generalobere bemühte sich seinerseits ein weiteres Mal, die drei Dissidenten aus ihrem über Jahrzehnte behausten Herrgottswinkel herauszuholen. Es mangele ihnen an "Realismus", so die Botschaft an den lauten Querulanten und Holocaust-Leugner Richard Williamson und die beiden anderen Hardliner-Bischöfe Bernard Tissier de Mallerais und Alfonso de Gallareta. Und der Brief endet mit einer bitteren Klage des Generaloberen gegen seine drei Mitbrüder: Sie hätten ihm in den vergangenen Monaten das Handeln erschwert, statt ihm beratend zur Seite zu stehen.



Auch die Indiskretion, den Schriftwechsel im Internet veröffentlicht zu haben, nimmt Fellay sehr ernst. Nicht verwunderlich angesichts der erstaunlichen Verschwiegenheit, mit der sowohl der Vatikan als auch die ansonsten sehr publikationsfreudige Bruderschaft die Verhandlungen der vergangenen Monate einhielten. Den Bruch dieses Schweigens - und den Vertrauensbruch - darf man nun als einen verzweifelten Versuch werten, die möglicherweise bevorstehende Einigung doch noch zu unterminieren. In einer kurzen offiziellen Erklärung auf der Website der Piusbruderschaft vom Wochenende heißt es, der dafür Verantwortliche habe "eine schwere Sünde auf sich geladen", die "Unruhestifter ermutigen" werde. Die Mitglieder werden gebeten, darauf mit Schweigen und weiterem Gebet zu antworten.



Verhandlungstaktik und Werbung nach innen

Der Generalobere reklamiert für seinen Versöhnungskurs eine große Mehrheit unter den Anhängern der Piusbruderschaft. Gleichwohl schließt er eine innere Spaltung der Gemeinschaft explizit nicht mehr aus. Im CNS-Interview stellt Fellay Papst Benedikt XVI. als denjenigen dar, der den Prozess einer Lösung entgegen treibe. Er selbst, Fellay, habe eher noch warten wollen, bis man die Dinge klarer sehe: "Aber es scheint wirklich, als wolle der Heilige Vater, dass es jetzt geschieht."



Zugleich - und auch das mag Verhandlungstaktik und Werbung nach innen sein - kündigt er an: "Wir werden nicht Selbstmord begehen." Noch gebe es keine Vereinbarung: "Die Sache ist noch nicht gelaufen." Es sei zu prüfen, ob die vom Vatikan "vorgeschlagenen Strukturen und Bedingungen gangbar sind". Dies betreffe unter anderem liturgische Praktiken und Lehren der Gemeinschaft. Beobachter sehen darin einen weiteren Hinweis auf das mögliche Angebot einer Personalprälatur unter Leitung Fellays - eine Struktur, wie es sie bereits beim Opus Dei gibt.



Nun ist es also einmal mehr an Rom, zu sprechen und die Causa zu beenden. Am Mittwoch tagt die zuständige vatikanische Glaubenskongregation, um über Fellays jüngste Änderungsvorschläge für eine lehramtliche Aussöhnung zu beraten. Sie ist die vorletzte Instanz; die endgültige Entscheidung liegt beim Papst selbst - den Fellay bereits auf seiner Seite sieht.