Sozialverbände warnen vor Anstieg der Armut

Und die Kluft wächst weiter

Sozialverbände warnen vor einem Anstieg der Armut in Deutschland im neuen Jahr. Die Präsidentin des Verbands VdK, Ulrike Mascher, forderte am Montag die Bundesregierung zum Handeln auf. Notwendig sei ein "Armutsbekämpfungsprogramm".

Autor/in:
Jörg Säuberlich
 (DR)

Insgesamt gebe es 12,4 Millionen Menschen in Deutschland, "die von Armut bedroht sind oder schon in Armut leben".

Auch der Sozialverband Deutschland (SoVD) verlangte von der Bundesregierung eine wirksame Bekämpfung der Armut. Verbandspräsident Adolf Bauer sagte der Nachrichtenagentur ddp, besonders in der gegenwärtigen Wirtschaftskrise wachse "die Kluft zwischen Arm und Reich". Diese Entwicklung erfülle ihn "mit tiefer Sorge, denn der soziale Zusammenhalt und langfristig auch die politische Stabilität unseres Landes stehen auf dem Spiel".

Bauer mahnte, die Bundesregierung müsse "Flagge zeigen und sagen, wie sie die Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise sozial gerecht bewältigen will". Er fügte hinzu: "Nicht die Bürgerinnen und Bürger, sondern die Verursacher der Krise müssen in erster Linie in die Pflicht genommen werden." Deshalb fordere der SoVD eine Börsenumsatzsteuer.

Erwerbsarbeit und Kinder vereinbaren
Mascher forderte in einem ddp-Interview: "Wir brauchen Programme, die Langzeitarbeitslosen helfen, eine Existenz sichernde Erwerbsarbeit zu bekommen und Alleinerziehenden eine faire Chance geben, Erwerbsarbeit und Kinder zu vereinbaren." Notwendig seien zudem "höhere, das heißt bedarfsgerechte Hartz-IV-Regelsätze für alte Frauen und Männer, für Kinder und Jugendliche".

Mascher kritisierte mit Blick auf die Steuerpolitik der schwarz-gelben Koalition: "Ich muss feststellen, dass es ein Wachstumsbeschleunigungsgesetz gegeben hat zugunsten von Unternehmen, Erben, Hotels und Familien, allerdings nicht für Familien, die unter Hartz-IV-Bedingungen leben müssen." Die Bundesregierung müsse jetzt ernsthaft die Ursachen von Armut bekämpfen.

Das Problem der Altersarmut
Mascher warnte zugleich, eine Haushaltskonsolidierung zulasten der Ärmeren dürfe es nicht geben: "Die Schwachen haben den Gürtel schon so eng geschnallt, dass ihnen fast die Luft wegbleibt." Ihr Verband fordere "mehr soziale Gerechtigkeit und soziale Balance - trotz oder gerade wegen der finanziellen Herausforderungen und Sparzwänge".

Notwendig sei auch eine Renten- und Beschäftigungspolitik, "die Altersarmut wirksam verhindert und ernsthaft prüft, wie Menschen im Alter von 50 oder 60 Jahren gesund, qualifiziert und respektiert noch erwerbstätig sein können". Mascher mahnte ferner: "Die solidarische, umlagefinanzierte, paritätisch durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer getragene, gesetzliche Krankenversicherung darf nicht zerstört werden."