So kommen Kirchen gut durch diesen Winter

Sensibles Thema - Experten raten zu Transparenz

Bleibt die Kirche in diesem Winter kalt? Der russische Krieg gegen die Ukraine hat auch Auswirkungen auf das religiöse Leben in Deutschland. Energieberater sagen jetzt, was die Gemeinden in der richtig kalten Jahreszeit tun können.

Kölner Dom im Winter / © Michael Grund (shutterstock)

Nicht nur im Kölner Dom muss man sich in den kommenden Monaten – wie immer – warm anziehen. Auch im Erzbistum Paderborn und anderen Bistümern bleiben die Heizungen in Kirchen und Kapellen aus – selbst in vielen Domen wird keine Ausnahme gemacht.

In den vergangenen Wochen haben die Bauabteilungen von 23 katholischen (Erz-) Bistümern Handlungsempfehlungen für das Energiesparen in schwierigen Zeiten erarbeitet – und zwar in Abstimmung mit den jeweiligen Umwelt-, Orgel- und Kunstabteilungen. Diese Empfehlungen gehen jetzt an die Gemeinden vor Ort.

Schöpfung und Umweltschutz seit 2015 zentral

Spätestens seit der Umwelt-Enzyklika "Laudato si" von Papst Franziskus von 2015 sind die Bewahrung der Schöpfung und der Umweltschutz zentrale Themen für die katholische Kirche. Zumindest in Verlautbarungen. Doch das Tempo beim konkreten Einsparen von Energie ist sehr unterschiedlich. Jetzt zeigen der Krieg in der Ukraine und die Energieknappheit, dass ökologisches Verhalten auch eine Sache des Portemonnaies ist. Durch das Absenken der Mitteltemperatur um ein Grad ließen sich in Kirchen 10 bis 15 Prozent Energie sparen, heißt es in den Handlungsempfehlungen.

Dabei sind die Gotteshäuser klimatechnisch komplizierte Gebilde. Das gilt schon wegen der Größe und des Alters – aber auch, weil hier Grundvollzüge christlichen Lebens stattfinden und die Sensibilität besonders groß ist.

Beheizte Kirchen erst seit rund 70 Jahren

Keine Kirche ist wie die andere, sagt Sabine Jellinghaus vom Netzwerk "Energie und Kirche" in Mülheim an der Ruhr, das Bistümer und Landeskirchen beim Energiesparen berät und die Empfehlungen mit erarbeitet hat: Sie unterscheiden sich in den Baumaterialien, der Nutzung und in ihrem Denkmalwert. Viele alte Kirchen verfügen über keine Heizung. Erst in den vergangenen 70 Jahren wurden sie Standard.

Heizkissen auf einer Orgelbank / © Sebastian Gollnow (dpa)
Heizkissen auf einer Orgelbank / © Sebastian Gollnow ( dpa )

Schon allein wegen der Größe haben Kirchen meist ein sehr träges Temperaturverhalten: Altes Mauerwerk braucht durchaus zehn Stunden, um nur ein Grad wärmer zu werden, wissen Energieexperten. Auch die Luftfeuchtigkeit ist zentral für den Erhalt von Kunstwerken oder der Bausubstanz. Typisches Beispiel ist der aus Leder bestehende Blasebalg der Orgel, der austrocknen und reißen kann, wenn die Luftfeuchtigkeit zu niedrig ist.

Heizungen auf Sparflamme

"In vielen Kirchen wird die Temperatur zu den Sonntagsgottesdiensten einmal pro Woche auf 12 bis 15 Grad hochgefahren – ein enormer Aufwand", sagt Jellinghaus. Die Basistemperatur bewegt sich meist zwischen 8 und 12 Grad und sollte in erster Linie danach ausgerichtet sein, wie Orgeln, Kunstwerke und Bausubstanz erhalten und vor Schimmel oder Austrocknung bewahrt werden können. In ihren Handlungsempfehlungen raten die Bistümer jetzt: Erst wenn die Luftfeuchtigkeit in den Gebäuden über 70 Prozent beträgt, sollen die Heizungen wieder laufen – aber nur auf einem Mindestmaß.

Die Experten des Netzwerks "Energie und Kirche" unterscheiden zwischen langfristigen und kurzfristigen Handlungsmöglichkeiten. Eine neue Heizanlage, eine bessere Wärmedämmung, der Einbau von Windfängen oder eine bauliche Aufteilung der großen Räume erfordern viel Planung und Geld.

Teppiche, Sitzkissen, lange Unterhose

Eine sehr wirkungsvolle kurzfristige Möglichkeit ist die Verminderung der Fußkälte. Daher sei es sinnvoll, die oft noch vorhandenen Holzböden zu erhalten, heißt es. Auch können Sisal-Teppiche und Sitzkissen-Heizungen für mehr Wohlbefinden bei Gottesdienstbesuchern sorgen. Kirchenbesucher könnten auch darum gebeten werden, sich entsprechend warm anzuziehen, heißt es. Zudem könnten Decken bereitgestellt oder mitgebracht werden.

In großen Städten könnte man sich darauf verständigen, die Gottesdienste auf wenige Kirchen zu konzentrieren. "Einige Gemeinden haben schon gute Erfahrung mit 'Winterkirchen' gemacht und liturgisch ansprechende Räume in Gemeindehäusern eingerichtet", heißt es in den Handlungsempfehlungen der Bistümer. Gottesdienste könnten auch in Krankenhaus- oder Seniorenheimkapellen gefeiert werden.

Sensibles Stück Heimat

Das könnte allerdings auch Ärger geben. Denn für viele Christen sind die Kirchen ein Stück Heimat, gerade in Advents- und Weihnachtszeit.

Deshalb sind solche Maßnahmen sehr sensibel. Das Netzwerk "Energie und Kirche" empfiehlt deshalb den Gemeindeleitungen große Transparenz und möglichst viel Mitbeteiligung.

Quelle:
KNA