Siegburger Mönche übergeben Thora-Rolle

"Ein Teil des Wort Gottes"

Die Thora ist ein heiliger Gegenstand für den jüdischen Gottesdienst. Eine solche Schriftrolle verwahrten über Jahrzehnte die Benediktiner vom Siegburger Michaelsberg – und übergaben sie nun feierlich an Vertreter des Judentums. Herbert Rubinstein, Vorstandsmitglied des Landesverbandes Jüdischer Gemeinden, im domradio.de-Interview über Geschichte und Bedeutung der Rolle.

 (DR)

domradio.de: Was ist das für eine Schriftrolle?

Rubinstein: Das ist ein Fragment der Thora, der fünf Bücher Mose, die laut den Abteimönchen in den Wirren des Ersten Weltkrieges gerettet wurde aus einer brennenden Synagoge in Rumänien. Es ist also keine vollständige Thora.



domradio.de: Warum haben die Mönche diese Schriftrolle jetzt erst im Jahr 2012 übergeben?

Rubinstein: Die Frage ist natürlich auch bei uns aufgekommen. Da die Abtei geschlossen wird, haben wir die Nachricht bekommen, dass die Abtei sie wieder in jüdische Hände zurückgeben wollte. Und wie wir dann auch aus Aufzeichnungen in dem Fragment selber gesehen haben, haben wohl die Mönche daraus vieles gelernt und damit gearbeitet. Es ist ja auf Hebräisch geschrieben. Und wenn sich katholische Geistliche mit dem Wort Gottes befassen, ist das immer eine gute Sache. Aber warum es erst jetzt zurückgegeben wurde? Das bestimmt nur damit zu tun, weil die Abtei aufgelöst wurde.



domradio.de: Was wird jetzt weiter damit passieren? Kann man Sie im Gottesdienst einsetzen?

Rubinstein: Nein, für den Gottesdienst ist sie nicht mehr einzusetzen. Dafür muss sie vollkommen unbeschädigt sein. Dieser hier ist nur ein Fragment. Wir werden sie zu Studien und musealen Zwecken nutzen. Der Landesverband hat im Moment die Idee, wenn das Haus der jüdischen Kultur, die "Alte Synagoge Essen" als musealer Teil dieses Objekt haben möchte und es auch ausstellen kann, werden wir die Gespräche entsprechend weiterführen. Sonst werden wir es einem anderen Museum zuführen.



domradio.de: Was an dieser Rolle ist besonders interessant?

Rubinstein: Interessant ist, dass sich nichtjüdische Menschen - auch die Mönche - sich diesem Wort Gottes befasst haben. Das andere ist die Schrift. Wir haben beim Schreiben von Thorarollen je nach Schreiber auch unterschiedliche Schriftgrößen und Vermerke. In dieser Rolle haben wir noch ganz fein gezogene Linien entdeckt, auf denen der Schreiber geschrieben hat. Gut ist, dass doch sehr vieles lesbar ist. Das erfreut uns. Das ist nur ein Stück Pergament, das irgendwann im 19. Jahrhundert entstanden ist, sondern es ist ein Teil des Wort Gottes.



Das Gespräch führte Stephanie Gebert.